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Kontakt: info@schachmuseum.com

Schachhistoriker

Mutmassungen über den Ursprung des Schachspiels und seine Geschichte, gab es schon seit dem 13. Jahrhundert,  von Zuschreibungen an klassische Erfinder (Palamedes !)  wie mythologische Ursprünge (Caissa) . Aber erst im 19.Jahrhundert begannen einige Forscher, mit den Methoden der sich gerade neu formenden Geschichtswissenschaft ausgerüstet, ernsthaft die Vergangenheit und Herkunft des Schachs zu untersuchen. Seit damals ist viel geschrieben und publiziert worden - aber auch hier ist das Thema Schach unerschöpflich....bei Schachhistorikern ist jedenfalls bemerkenswert, dass kaum einer von Ihnen gelernter Historiker ist, aber praktisch alle gelernte Schachspieler sind....(1)

Yuri Averbach

Yuri Averbach gehörte in den 60-er und 70-er Jahren zu den stärksten Schachspielern der Welt - und das in einem Lande, wo mit Tal, Botwinnik, Spasski, Petrosian, Geller und Kortschnoi kein Mangel an genialen Spielern herrschte. Schon früh erkannte Averbach, dass er in diesem Umfeld nicht mithalten konnte, und verlegte sich aufs Traineramt, die Schiedsrichterei, Problemschach und  Funktionärsaufgaben - sowie aufs Schreiben. 1972 bis 1977 war Averbach Vorsitzender des sowjetischen Schachverbands. Eröffnungsbücher, Endspielbände, Mittelspielbücher... Herausgabe der Schachzeitschriften Shakhmatnyi v USSR sowie des Shakhmatnyi Buletin..irgendwann begann sich Averbach auch für  die Vergangenheit und das Umfeld des Schachs zu interessieren,  wozu seine Freundschaft mit dem Historiker Isaac Linder und mit Alexander Beilin sicherlich einiges beitrug. Um 1973 ? verfasste der Vielschreiber Averbach mit Beilin ein Buch , das in vieler Hisicht aus dem Einerlei der Schachbuchproduktion herausstach, die "Reise ins Königreich des Schach". Hier werden Schachprobleme in einer bildkräftigen Sprache kommentiert und vorgestellt, die Kapitelüberschriften zitieren Rabelais und Alfonso den Weisen - der Band wurde ein Riesenerfolg, in der Sowjetunion wie ausserhalb, und kürzlich wieder von Chess Evolution neu aufgelegt. Schon zu dieser Zeit war Averbach ein vielseitiger Studienkomponist, und wurde in der Folge auch Internationaler Schiedsrichter für Studien und Probleme.  Nach 1990 war es für Averbach wesentlich leichter zu reisen, er begann mit schmalem Gepäck bei den Treffen der Schachhistoriker aufzutauchen, wie etwa der Initiativgruppe Königstein, und dort sein Scherflein zum Gang der Untersuchungen beizutragen. Die damals aufgenommenen Anregungen bzw. dank seiner Studien gewonnenen Überzeugungen hat Averbach 2012 in einer kurzen und knappen Geschichte des Schach zusammengefasst, die sich vor allem mit dem "alten" Schach befasst - an einem zweiten Band der Neuzeit arbeitet der Meister (siehe Bücher - Entstehung des Schach). Ganz nebenbei hat Averbach auch seine Vergangenheit als Funktionär in der Sowjetunion beschrieben - die Zwänge, Lügen und Intrigen - in dem Memoirenband Center Stage and behind the scenes (New in Chess 2012). Yuri Averbach ist nicht wirklich ein purer Schachhistoriker - seine Figur als Doyen der Schachwelt überspannt alle Bereiche - vom aktiven Spieler, zum Schachjournalisten, Buchautor, Trainer, Schiedsrichter, Studienkomponisten, Funktionär bis zum Verfasser einer Schachgeschichte. Es gibt wenig, was Averbach im Schach nicht schon gemacht, angegriffen, untersucht oder betrieben hat. Ad multos annos....(2)

José Brunet y Bellet

1890 publizierte José Brunet y  Bellet in Barcelona seine grosse Studie über den Ursprung des Schach, wobei er sich natürlich auf seine Vorgänger Forbes, und van der Linde stützte. Brunet y Bellet betrieb bereits Quellenforschung, inspizierte das Schachbuch Alfonso des Weisen, und die Kristallfiguren aus Ager. Immens belesen, ist sein Werk heute schwer zu lesen - sein grundlegendes Werk wurde vor wenigen Jahren beim Verlag Hispano-Europea als photomechanischer Nachdruck wieder aufgelegt. Für Brunet y Bellet war jedenfalls der heute allgemein akzeptierte Ursprung des Schachspiels in Indien schlicht ein Irrweg...

Ricardo calvo

Ricardo Calvo war gelernter Arzt, hatte jedoch den Medizinerrock frühzeitig an den Nagel gehängt, um Schach zu spielen. Er brachte es bis um IM und spielte mehrfach in der spanischen Nationalmannschaft, bis er sich mit dem Internationalen Schachverband unter dem damaligen Präsidenten Florencio Campomanes überwarf und von der FIDE 1987 als "persona non grata" von allen Bewerben ausgesperrt wurde. Frühzeitig erwachte sein Interesse für die Geschichte und das Umfeld des Schachs, und begann sich mit den klassischen Texten Spanens, den Schriften Abraham Ibn Esra's sowie dem Schachbuch Alfonso des Weisen zu beschäftigen. 1973 erschien eine Facsimile-Ausgabe bei Vicent Garcia Editores, zu der Calvo eine massive Erläuterung auf über 200 Seiten lieferte.  Weiters interessierte sich Calvo für das lange schwelende Problem des verschwundenen Schachbuchs von Francesc Vicent, und davon ausgehend auch für Lucena - Frucht dieser Beschäftigung war eine schmale Studie des Titels "Die Flucht ins Schach des konvertierten (Juden) Calixto", in dem die gesamte Atmosphäre unter den katholischen Königen, die zunehmend gefährdete Lage der Juden, der Druck sich taufen zu lassen,  sowie die berühmte spanische Komödie des Fernando Rojas "La Celestina" einen unvergesslichen Einblick in die Zeit und die existentielle Zwangslage des Luis de Lucena ergaben.  In der Folge kam Calvo auf das Thema, das seine grosse historische Leistung darstellte: den Nachweis, dass das moderne Schachspiel im Raume Valencia entstanden sein muss. Anhand der Frühgeschichte deutscher Drucker in Valencia und Katalunien (3) sowie des Erstdrucks des valencianischen Klassikers "Scachs d'Amor" konnte Calvo seine These verfestigen, dass in Valencia gegen Ende des 15.Jahrhunderts schon mit der "tollwütigen Dame " (der Dama Rabiosa) gespielt wurde. Auf dieser gut belegten These konnte der noch junge José Antonio Garzon dann weiter aufbauen, die Annahme gilt durch Calvo's Einsatz heute als allgemein akzeptiert, und Valencia schmückt sich offiziell mit dem Titel des Ursprungsort des modernen Schachs. (4) Ganz nebenbei schrieb Calvo auch zahlreiche Artikel in spanischen und deutschen Schachzeitungen, editierte ein Lehrbuch für Anfänger, sowie einen Band über den WM-Kampf in Baguio zwischen Kortchnoi und Karpov.  Nicht so erfolgreich war Calvo mit dem etwas quixotesken Versuch, die Herkunft des Schachspiels in Persien ansiedeln zu wollen - immerhin brachte dieser Diskussionsbeitrag bei den Treffen der Initiativgruppe Königstein einiges "Leben in die Bude".  Ende der 90er Jahre war Calvo schon ziemlich weit mit der Erstellung seines Opus Magnum gekommen, einer auf 6 Bände ausgelegten Enzyklopädie der frühen Schachgeschichte - leider liessen die Kräfte stark nach, der Mediziner Calvo machte sich keine Illusionen - es wurde bei ihm ein Speiseröhrenkrebs diagnostiziert, und Ende 2002 verstarb Ricardo Calvo. Die halbfertige Enzyklopädie konnte mangels Fördermittel nicht fertiggestellt werden, der Verlag ging ein, und heute wartet Ricardo's Hauptwerk nach wie vor auf einen Prinzen, der das schlafende Kind wach küsst....(5)

Michael Ehn

Der gelernte Soziologe und Sprachwissenschaftler Michael Ehn wurde früh in den magischen Bannkreis Caissas hineingezogen - als Spieler, dann auch als Schachhändler nebenbei, schliesslich ab 1990 als Journalist mit der Schachspalte in der Wiener Tageszeitung "Der Standard" (zusammen mit Ernst Strouhal)   - zu guter Letzt als Forscher und Archivstöberer in Schachgeschichte und Schachgeschichten. 1992 übernahm Ehn den Wiener Schachverlag - einen kleinen Schachladen in einem Kellergewölbe unweit des letzten Schachcafés Laudon - und ist mittlerweile der führende Schachhandel in Österreich - und wohl der einzige Schachantiquar, an den laufend Hinterlassenschaften von entschwebten Schachspielern herangetragen werden. Ehn hat in den verschiedensten Richtungen geforscht - und in Büchern und Aufsätzen über die Arisierung des Schach in Österreich durch die Nazis, über das Arbeiterschach, über die Wiener Grossmeister Rudolf Spielmann und Ernst Franz Grünfeld, zum Kaffeehausschach in Wien (Luftmenschen, s. Bücher) ,  sowie diverse wehmütige Abgesänge (z.B. im Ausstellungskatalog Spiele der Stadt )an den schleichenden Niedergang des Schachs in Wen und Österreich überhaupt wie zahlreichere kleinere Themen publiziert. Ein Teil seiner Aufsätze und Publikationen wurde im Tandem mit Ernst Strouhal verfasst. Eine längere Zusammenarbeit mit dem Österreichischen Schachverband , um eine Geschichte des Schachs in Österreich zu verfassen, endete damit, dass der ÖSB eine Kurzfassung als Kleinbroschüre ohne Autorangabe drucken liess. Und dass Ehn an einer mehrbändigen Geschichte des Schachs in Österreich arbeitet, die demnächst fertig sein soll....(6)

Duncan Forbes

1860 verfasste der Lehrer orientalischer Sprachen am Kings College Duncan Forbes die erste zusammenfassende Schachgeschichte, in der er die orientalischen Wurzeln des Spiels freilegen wollte. Forbes hatte schon zuvor mit seinen Freunden  Howard Staunton,  derm damals führenden britischen Schachspieler, sowie Frederic Madden , dem Verwantwortlichen für die Bibliothek im Britischen Museum , verschiedene Aspekte der Schachgeschichte besprochen, und kleinere Aufsätze über Teilfragen publiziert.  Forbes' Geschichte war ungemein einflussreich, vor allem dank der starken Verbreitung im Britischen Weltreich und in den USA. Heute ist Forbes in vielem überholt und widerlegt - offenbar fehlte ihm die Zeit, um umfassend in Dokumenten und Bibliotheken zu stöbern - doch immer noch lesenswert. (7)

 José Antonio Garzon

 José Antonio Garzon war früh von Ricardo Calvo auf den Weg gebracht worden, der seiner Meinung nach der richtige war - nämlich die Entstehung des modernen Schachs in Valencia, und davon ausgehend das Auftauchen des Schachs mit langzügiger Dame in den Büchern von Lucena und Damiano, wie im verschollenen Manuskript von Vicent. Calvo war damals Vorsitzender der Kommission für Schachgeschichte bei der spanischen Schachföderation, und Garzon ein freischwebender Forscher, Journalist und Schachspieler - mit guten Beziehungen zu offiziellen Stellen in Valencia. Hatte schon Calvo die Ausgabe von "Scachs d'Amor " mit Druckkostenzuschuss des Provinzparlaments von Valencia geschafft, so wurde das erste grosse schachhistorische Werk von Garzon gleich von der Provinzregierung herausgegeben. In "Auf der Suche nach dem verschollenen Wiegendruck (des Vicent)" (8) bietet Garzon eine genaue Bestandsaufnahme der Tatsachen, geht auf Scachs d'Amor und die Reform des Schachs Ende des 15./Anfang des 16. Jahrhunderts ein. Einige Jahr später gelang Garzon dann der sensationelle Coup, den über hundert Jahre lang gesuchten Vicent zu finden. Einer Andeutung Alessandro Sanvito's folgend, Francesc Vicent könnte der Schachlehrer der Lucrezia Borgia gewesen sein, grub Garzon in italienischen Bibliotheken und wurde in Cesena fündig: ein Manuskript des verschollenen Buches war mit einem anderen zusammengebunden. Der Inhalt gleicht in solchem Masse demjenigen im Lucena, das klar wurde, was Juri Averbach schon lange davor vermutet hatte. Sowohl Lucena wie Damiano haben fleissig von Vicent abgekupfert - damals nicht ungewöhnlich, es gab noch keinerlei Autorenschutz. Seither hat die Stadt Valencia mit Freuden die Urheberschaft des modernen Schachs als Stadterbe übernommen (9) , und Garzon hat sich mit diesem Streich als Fixstern im valencianischen Kulturleben etabliert. Sein Jüngstes Buch ist - unter dem Titel Schach des Vizekömigs - ein Vorschlag der Regeländerung im Schach, mit Umwandlung des Bauern zu der Figur, auf deren Reihe er umgewandelt wird.  Auch betreffs des Ursprungs des Dame-Spiels hat Garzon hat Garzon eine grössere Entdeckung gemacht - nämlich die Zuschreibung des ersten je publizierten Buches über das Dame-Spiel an den Valencianer Autor Juan de Timoneda.   Weiters hat Garzon vor kurzem zusammen mit Josep Alió und Miquel Artegas eine sehr komplette Bibliographie der spanischen Schachliteratur zusammengestellt.  (10)

Anthony  Gillam

Anthony Gillam betreibt seit fast 30 Jahren den Verlag "The Chess Player" in Nottingham  (in Erinnerung an das kurzlebige Schachjournal von Kling und Horwitz) - und hat in dieser Eigenschaft an die 100 Turnierbücher publiziert - die meisten davon selbst recherchiert und verfasst. Auch selbst hat er eine kurze Biographie des Schachmeisters Samuel Lipschütz, sowie mit A. Swift eine Biographie von Emil Schallopp geschrieben - zuletzt hat Gillam einen massiven Band über das bei Kriegsbeginn 1914 beendete Turnier Mannheim 1914 verfasst und im eigenen Verlag publiziert.  (11)

Tassilo von Heydebrandt und von der Lasa

Der preussische Staatsbeamte und Diplomat Tassilo von Heydebrandt und von der Lasa hatte schon in seiner Studienzeit im Kreise der Meisterspieler der Berliner Schachgesellschaft eine beachtliche Spielstärke erreicht und galt um 1850 herum als einer der stärksten Spieler in Europa. Da er im Staatsdienst rasch Karriere machte, musste er beim Schachspiel passen. In seinen Berliner Jahren war er wichtiger Bestandteil der Pleiaden, edierte nach dem Tode Rudolph von Bilguers die erste Ausgabe des Handbuchs, und legte sich über die Jahre auch eine beträchtliche Sammlung von antiken und neuren Schachbüchern zu. Sein Hauptwerk bleibt die "Geschichte und LIteratur des Schachspiels" - auch heute noch ein sehr lesenswertes Werk. Sowohl im Bilguer, wie in der Deutschen Schachzeitung publizierte Heydebrandt  zudem eine ganze Reihe von Aufsätzen, die vielleicht doch einmal gesammelt werden sollten....(12)

John Hilbert

Der Amerikaner John Hilbert ist vor allem auf die Schachgeschcihte der Vereinigten Staaten konzentriert - hier kennt er sich bestens aus, und hat im Laufe der Jahre mit ungeheurem Fliess eine Reihe von weniger bekannten US-Schachpersönlichkeiten porträtiert, wie Norman Whitaker, William  Napier, Emil Kemeny und Walter Penn Shipley. Dazu kommen eine ganze Reihe von Turnierbüchern, vor allem bei Chess Player in Nottngham,  und der mittlerweile gestoppten Edition Caissa von Dale Brandreth, wie etwa über die US-Meisterschaft 1940. Weiters hat Hilbert zahlreiche Aufsätze in den verschiedensten Schachzeitschriften, vor allem der US-amerikanischen Chess Review, sowie der ebenfalls mittlerweile eingestellten Quarterly for Chess History des Olmützer Professors Vlastimil Fiala veröffentlicht.

Hans & Barbara Holländer

Der geborene Hamburger Hans Holländer verbrachte einen beträchtlchen Teil seines Berufslebens (1971 - 1997)  als Lehrstuhlinhaber für Kunstgeschichte an der Technischen Hochschule in Aachen (..), wo er auch für die Bestände der Reiff-Sammlung als Direktor verantwortlich war. 1997 wurde Holländer emeritiert - was im akademischen Gebrauch einer Pensionierung gleichkommt - und zog mit seiner Frau Barbara, ebenfalls studierte Kunstwissenschaftlerin,  nach Berlin - nicht ohne die Absicht im Gepäck, den Zwängen akademischer Pflichten entronnen, sich forthin mit den Dingen die zu beschäftigen, die einen interessieren - also Schach und Querverbindungen in der Kunst.  Als lebenslänglicher Schachspieler hatte der Professor schon in den 90er Jahren den Niederschlag von Schach gerade in der Kunst ausgelotet. 1989 produzierte die Edition Huber Paul Wunderlich's Schachspiel (siehe Künstler und Könner) - und Hans Holländer schrieb den Katalogtext dazu. 1994 fand eine grosse Ausstellunng über Brett- und Kartenspiele im Schloss Rheydt in Mönchengladbach statt - Barbara Holländer verfasste den Katalogessay zu Spielkarten, Hans den massiven Aufsatz zum Schach in der Neuzeit, dazu kamen viele umfangreiche Beschreibungen der ausgestellten Objekte. Bei Huber hatte Holländer schon 1985 eine Monographie zum österreichischen phantastischen Realisten Rudolf Hausner verfasst, der immer wieder Schachmotive in sene Bilder eingebracht hat. Auch mit A. Paul Weber, einem Graphiker mit vielen Schachdarstellungen, hat Holländer sich forschend und schreibend beschäftigt. 1998 anlässlich des CCI-Weltcongresses in der Donaumetropole fand im Kunsthistorischen Museum in Wien eine Ausstellung zu Kunstkammerspielen statt, die auf die reichen Bestände der kaiserlichen Kunstkammer zurückgreifen konnte. Ganz ungewöhnlich: die Ausstellung in Wien wurde von den beiden Holländers als Kuratoren betreut, die auch praktisch den gesamten Katalog verfassten. Das Spiel wiederholte sich 2005 in Hamburg, als der Hamburger Schachverein sein 175.Gründungsjubiläum feierte. Im Kunstgewerbemuseum fand eine umfassende Austellung von Schachspielen statt, die von den Holländers zusammengestellt wurde, ein massiver Katalog krönte das Unterfangen, wobei die Holländers - man errät es - den Grossteil des Katalogs selbst schrieben, kürzere Beiträge lieferten der Hamburger Hans Krieger und Egbert Meissenburg. Zwischen diesen beiden Grossausstellungen hatte das schachverliebte Ehepaar in Berlin einen grossen Coup gelandet - die beiden gingen den Spuren des ältesten und schon halb vergessenen Schachklubs in Deutschland nach, der von dem Bildhauer Gottfried Schadow gegründet worden war - "Schadow's Schachclub - ein Spiel der Vernunft in Berlin 1803 - 1850"  wurde eine reizvolle Ausstellung,die viel Aufsehen erregte, von Tausenden von Interessenten besucht, in Fernsehen, Presse und Radio  besprochen wurde. Den Katalog schrieben die beiden, wie üblich, zur Gänze selbst. 2006 folgte eine kleine Ausstellung unter dem Titel "Zug um Zug" im Haus der Geschichte in Bonn - dzu lieferten Barbara und Hans Holländer die zentralen Beiträge. Es gibt in en letzten Jahren kaum eine Ausstellung oder ein wissenschaftliches Treffen mit Schach und Kunst auf dem Menu,  bei dem das Ehepaar Holländer nicht dabei ist, und meistens Beiträge liefert. Der grosse Elan mag erlahmt sein - man wird  nicht jünger - aber nach wie vor verfasst der eine oder andere Teil des forschenden Schachhistoriker-Ehepaars etwas zum Thema - siehe Barbara's Aufsatz über Vierschach in Friedland oben auf dieser Seite. Zuletzt hat etwa  Hans Holländer eine kleine Studie zu den Chiffren des Schachspiels - und was sich dahinter verbirgt - bei Gustavus Selenus verfasst . Es sind die innewohnenden metaphorischen Strömungen im Schach, die Verwendung von Schach als Sinnbild in er Kunst, die immer wieder das Interesse von Hans und Barbara Holländer wecken... man darf auf weitere Funde und und Einfälle durchaus gespannt hoffen... (13)

Antonius van der Linde

Antonius van der Linde gilt als der vielleicht wichtigste Forscher und Autor für die Geschichte des Schachs - van der Lasa und Murray inspirierten sich an seinen Werken, noch heute können Forscher von seinen Schriften profitieren, und daraus Anregungen entnehmen. Van der Linde studierte ursprünglich in Holland Theologie, wurde tatsächlich nach Abschluss 1859 auch Prediger einer protestantisch-reformierten Gemeinde  die er jedoch nach einem Krach 1961 wieder verliess. Parallel dazu studierte van der Linde an der Universität Göttingen Philosophie und dissertierte 1962 mit einer Arbeit über seinen Landsmann Baruch Spinoza .  Von 1862 bis 1867 lebte van der Linde, offenbar dank einer Erbschaft ?, in vermögenden Verhältnissen in Nijmegen als Privatgelehrter, sammelte Bücher ( an die 30.000) und spielte im dortigen Schachklub, sowie Fernpartien. Zum ersten Mal publizierte er 1865 in der Zeitschrift Sissa über Schach, und zwar mittels eines  Aufsatz esüber deutsche Schachliteratur  - in gleichen Jahr erschien  als eine erste Frucht seiner riesigen Bibliothek ein Buch über Gioachino Greco. Offenbar wurde van der Linde offenbar früh zu bibliogaphischen Listen sowie zur Geschichte des Buchdrucks hingezogen, und stellte einige Kataloge von Litteratur etwa zur Stadt Haarlem, zu Spinoza (1871) zum Wiedertäufer David Joris, sowie zum  Aufklärer  Balthasar Bekker  zusammen. 1869 bis 1870 publizierte van der Linde eine Untersuchung in der Zeitschrift "De Nederlandsche Spectator", in der er den verbreiteten Glauben seiner Landsleute an die Erfindung des Buchdrucks durch Laurens Janszoon "Coster" als Märchen abtat. Dem darauf folgenden Aufruhr entzog sich van der Linde nach Berlin, wo seine fruchtbarste Zeit begann. Hier verfasste und publizierte er die epochemachenden Werke "Das Schachspiel des 16.Jahrhunderts,  und die monumentale Geschichte und Litteratur des Schachspiels (1874).Im Jahre 1874  zog van der Linde wieder zurück nach Holland, liess sich in Arnheim nieder - hier verfasste er eine Geschcihte des Schachspiels in den Niederlanden. doch 1875 traf ihn ein harter Schalg - das Bankhaus, wo er sein Vermögen deponiert hatte,. machte bankrott, van der Linde war mit einem Male aus seinem bequemen Dasein als Privatgelehrter in die rauhe See der Erwerbspflichtigen hinausgestossen. Auf der Suche nach einem "Rettungsboot" (van der Linde) bemühte sich der Gelehrte um einen Job als Bibliotheks- oder Museumsleiter  - in Holland dank seiner zahlreichen Feindschafften nicht denkbar. Dank der Vermittlung des preussischen Diplomaten Tassilo von Heydebrandt und von der Lasa sowie seiner Berliner Freunde erhielt er tatsächlich per Dekret des preussichen Königs Wilhelm I. den Posten eines Bibliotheksdirektors in der Nassauischen Landesbibliothek Wiesbaden. Van der Linde zog nach Deutschland und verbrachte den Rest seines Lebens in der Kurstadt. 1881 erschienen gleich 2 Werke in Berlin, die Bibliographie "Das erste Jahrtausend der Schachliteratur, sowie die Quellenstudien zur  Geschichte des Schachspiels. 1886 erschien eine umfasende "Geschichte des Buchdrucks", ein Jahr später eine massive Studie zu Kaspar Hauser. Da van der Linde den Posten ofenbar als Sinekure zur Finahzierung seiner vielfältigen bibliophilen und historischen Interessen auffasste, wurde er 1894 in den Ruhestand versetzt, und starb drei Jahre danach allein und verarmt.  Van der Linde's Bedeutung für die Schachgeschichte kann gar nicht überschätzt werden - Murray stützte sich bei seiner Geschichte auf die Vorarbeiten des Niederl+anders, und eine ganze Reihe von Nachkommenden konnte sowohl die Andeutungen wie die Vorarbeiten  van der Linde's für eigene Forschungen nutzen. Das grosse Verdienst  des sicher schwierigen Mannes besteht u.a. darin, dass er zahlreiche andere Gelehrte, Sammler und Wissenschaftler  vor allem orientalischer Wissenschaften zur Mitarbeit gewinnen und sozusagem auf Gruppenarbeit gestützt avancieren und schreiben konnte. Fürst Baldassare Boncompagni, der brirtsche Sammler J.W. Rimington-Wilson, der Indologe Albert Weber und der Arabist Johann Gildemeister verschafften ihm die notwenigen Unterlagen und Übersetzungen, um das Bild abzurunden - der  kaiserliche Dolmetscher der Botschaft in Istanbul Gustav Schroeder verschaffte unsrem gelehrten Abschriften aus der reichhaltigen Bibliothek des Serails, unter anderem die erste in Europa bekannt gewordenen Ubersetzung  des Schachbuchs des As-Suli , sowie anderer dort aufbewahrter arabischer Handschriften.  (14)

Egbert Meissenburg

Egbert Meissenburg war von Beruf Rechtsanwalt und Notar, hat sich aber zeitlebens mit Schach, vor allem seltenen Schriften und historischen Fragen, beschäftigt. Schon als junger Referendar liess er sich gezielt nach Bamberg versetzen, wo er bei GM Lothar Schmid wohnte, und dessen sagenhafte Schachbibliothek kennen lernte. Und als Referendar in Berlin konnte Meissenburg in dortigen Bibliotheken nach Schachbüchern forschen. Das praktische Spiel - vor allem im Verein Winsen sowie als Fernschachspieler - trat jedoch angesichts der beruflich bedingten Zeitbeschr+ankung zunehmend in den Hintergrund,  Meissenburg konzentrierte sich auf Schachliteratur. So wurde es für Miessenburg sehr früh zur Gewohnheit, im Urlaub ein bis 2 Wochen in Den Haag zu verbringen, um dort in der Schachbuchsammlung van der Linde-Niemeijer zu arbeiten und zu lesen. " Ich habe mich immer mehr als Schachbibliograph denn als  Schachhistoriker gefühlt", betonte   Meissenburg. Zu seine Bibliographische Arbeiten zählt denn auch eine Bibliographie zur Geschichte des Fernschachspiels, weiters eine grosse Bibliographie aller Schriften zu "Kempelen's Schachmaschine". Als Historiker betätigte er sich vor allem durch selbst herausgegebene Rundbriefe - von  1967 - 1971 erschienen die Schachbuchbesprechungen, von 1972 bis 1975 erschienen 6 Ausgaben der Schachwissenschaftlichen Forschungen", alles im Selbstverlag. 1991 nahm Meissenburg an der Gründungsversammlung der Initiativgruppe Königstein bei Thomas Thomsen teil, und wurde prompt zum Koordinator der Gruppe gewählt. In den nächsten zehn Jahren hielt er die Gruppe - und interessierte Aussenstehende - über die "Okkasionellen Rundbriefe " auf dem Laufenden, die erst 2005 zu Ende gingen, als die IGK praktisch "einschlief". Meissenburg verstand sich immer als "Feierabendshistoriker" mit der dadurch gegeben vollkommen Freiheit, sich themen und Interessen selbst auszusuchen, ohne Druck und ohne Eitelkeit. Unter der kleine Gemeinde der Schachhistoriker und mit Schach intensiv befassten Leute - vor allem der Ken Whyld Association sowie der Internationalen Schachsammler -galt und gilt Meissenburg immer als Doyen der Zunft, der zahlreiche Anregungen geleistet, Geburtshilfe bei Veröffentlichungen geboten, und Parallelinteressen koordiniert und gefördert hat.  Und so finden sich Spuren und Artikel von Meissenburg an unerwarteten Stellen - zum Beispiel als Nachwort in dem Bändchen "The Anatomy of Chess" von Cazaux/Josten/Samsin, erschienen 2003 in Hans Ellingers Tübinger Beiträgen zum Thema Schach, oder als Nachwort zum Neudruck von van der Linde's "Erstes Jahrtausend der Schachliteratur" durch Dale Brandreth im Verlag Caissa Editions, oder im Ausstellungskatalog 2005  Schach durch Zeiten und Welten . Aber auch als Mitarbeiter im Grossen Schachlexikon von Klaus Lindörfer (Bertelsmann 1977) - und sicher auch hier und da in den verschiedensten anderen Büchern, wo er mitgewirkt hat, als Autor, Herausgeber oder Übersetzer. 2009 erschien eine massive Festschrift zu seinen Ehren im Wiener Verlag Refordis, in denen sich ein gewichtiger Teil von Schachhistorikern und -sammlern mit Beiträgen eingestellt hat. (15)

Harold J.R.  Murray

Harold James Ruthven Murray war der Sohn des  Herausgebers der Erstauflage der Oxford Modern Dictionary James Murray, dem er noch im Schulalter bei der Zusammenstellung des Wörterbuches half. Nach seinem Studienabschluss in Mathematik  im renommierten  Balliol College in Oxford trat Murray in den Schuldienst ein, wo er sein gesamtes Berufsleben verbrachte. Schach lernte er bei einem seiner ersten Schuldienste am Queens College in Taunton. Bald danach begann er bereits, im British Chess Magazine Aufsätze und Artikel zu veröffentlichen. Von Tassilo von Heydebrandt und von der Lasa wurde er ermutigt, sich näher mit der allgemeinen Geschichte des Schachs zu beschäftigen. Da es in der Bibliothek von John Griswold White in Cleveland arabische Manuskripte gab,  lernte Murray  Arabisch - Deutsch konnte er bereits - , und machte sich an das Durchforsten der vorhandenen Literatur, wobei er sich vor allem auf die Bibliotheken von Rimington-Wilson in england und  White in Cleveland stützen konnte. 1913 erschien sein immer noch als Standardwerk geltendes, immens gelehrtes Buch "A History of chess", das den Autor schlagartig berühmt machte. In diesem 900 Seiten schweren Band, der immer wieder neu aufgelegt wird, vertrat Murray als Erster die These , dass das Schachspiel aus Indien nach Europa gekommen sein muss - dies gilt heut als allgemein akzeptiert. Murray verfasste , als Nebenprodukt seiner Studien für die History, auch eine "Geschichte anderer Brettspiele als Schach", die ebenfalls nach wie vor gedruckt und gelesen wird. Eine Kurzfassung der monumentalen "Geschichte" konnte Murray nicht mehr fertigstellen, sie wurde nach seinem Tode aus den hinterlassenen Papieren von Harry Golombek und B. Goulding Brown fertiggestellt und erschien 1963 als "A short history of chess".  (16)

Michael Negele

 Der Trierer Michael Negele ist von Beruf Chemiker - aber vom Herzen her Schachjünger und Schachspieler. Sehr früh hat sich sein Interesse über den Rand des Schachbretts hinaus auf die Geschichte und Kultur des Schachspiels gerichtet. Prägend waren seine frühe Beschäftigung mit der Geschichte des Trierer Schachklubs 1877 , sowie als Spieler mit raren oder unorthodoxen Eröffnungen. Negele begann seine schreibende Laufbahn in Stefan Bücker's Kaissiber mit langen Artikeln über Eröffnungen, bld gng er alerdings zu historischen und kulturellen Fraen über.  Seither hat er einige Dutzend Essays und Artikel in Kaissiber, in der Zeitschrift Schach sowie vor allem in der Zeitschrift Karl veröffnet, wobei die Tendenz zunehmend vom Wettbewerbsschach weg in Richtung Vorwärts in die Vergangenheit ging. Prägend dürften die Bekanntschaften mit Leuten wie Ken Whyld, Rolf Littorin, Egbert Meissenburg , Yuri Averbach, und anderen Schachbuch- und Schachgeschichte-Kennern gewesen sein. Nach dem Tode Ken Whyld's im Juni 2003 war Negele unter den Gründern der heute international verankerten Ken Whyld Association (KWABC) zur Förderung von Schachbibliographie, Schachgeschichte und Schachforschung. 2009 trug Negele in der monumentalen Lasker-Festschrift einen über 60-seitigen biographischen Essay zu Lasker bei. Mittlerweile ist Negele, zeitweise auch Vorsitzender der KWABC (bzw. inzwischen KWF & A), auch Beauftragter für Schachkultur  des Deutschen Schachbundes. - in dieser Eigenschaft hat er eine ganze Reihe von Kurzporträts grosser deutscher Schachspieler des 19. Jahrhunderts verfasst, die  auf dem Portal des Schachbunds unter Archiv zu finden sind. IM Mai 2017 hat  "reisende Schachdiplomat" seinen ersten grösseren Wurf veröffentlicht : eine Biographie des deutsch-estnischen Schachmeisters Paul Schmidt, die gerade im Exzelsior-Verlag von Raj Tischbierek in Berlin erschienen ist.  (17)

Franco Pratesi

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Der Toskaner Franco Pratesi ist von Haus aus Spielehistoriker, mit einem besonderen Interesse für Kartenspiele (vor allem Tarock und Tarot), für Dame, Go, für Schach und auch andere Spiele, wobei er sich vor allem auf Mitelalter und frühe Neuzeit spezialisiert hat. Allein bei Karten spieln aht Pratesi mehere Hundert Artikel und Essays veröffentlicht, weiters zwei Bände über Kartenspiele in der Toskana vom  Mittelalter bis zum Ende des Grossherzogtums Toskana und danach. Im Bereich Schach umfasst seine Publikationsliste über 150 Aufsätze, vor allem in italienischen Schachzeitschriften erschienen, und drei schmale, aber gewichtige Bände in Roberto Messa's Verlag Messaggerie Scacchistiche. In deutsch sind von Pratesi Aufsätze im Sammelband "Scacchia Ludus" (hg. von Hans Holländer /Ulrich Schädler, s. Bücher )  über die Entwicklung der Schachtheorie erschienen, sowie weitere Beiträge  in den Festschriften für Alessandro Sanvito und Egbert Meissenburg enthalten.  Die Spielehistoriker sind ein international gut vernetzter Clan, mit eigenen Zeitschriften wie Ludica und Board Games Journal,  sowie Internetforen, und Pratesi ist überall  gut recherchierbar, seine zahlreichen Aufsätze zu Schach und anderen Spielen in italienischer Sprache leicht zugänglich und auffindbar. 

Alessandro Sanvito

Der Mailänder Alessandro Sanvito ist einer der produktivsten Schachhistoriker der Gegenwart. Sanvito ist vor allem ein stupender  Kenner der reich bestücken Bibliotheken der Apenninenhalbinsel, hat nach den seltenstenManuskripten geforscht und einge neu entdeckt, kennt die Bestände dieser Büchertresore bestens. Auf dieser soliden Grundlage hat der Mailänder die effektive Bestandsaufnahme der italienischen Schachliteratur verfasst, Studien zu fast allen grossen klassischen Schachautoren Italiens geschrieben, Bücher über Schachfiguren und ihre Geschichte editiert, und in vielen Aufsätzen in den Zeitschriften " L'Italia Scacchistica", "Scacco",  und "Torre &Cavallo" Streiflichter auf Personen, Manuskripte und Details der italienischen schachlichen Vergangenheit geworfen. Ganz nebenbei hat er auch dem ältesten bestehenden Schachclub Italiens, der Mailänder Schachgesellschaft, eine Klubgeschichte verfasst. Dank seiner Kenntnis des spanischen Schachlehrers der Lukrezia Borgia - nämlich Francesc Vicent - hat er auch den entscheidenden Hinweis zur Wiederentdeckung des verschollenen Schachbuches von Vicent gegeben. Und in Wien 1998 zu seinem Erstaunen ein Manuskript des grossen Gelehrten des angehenden 16.Jahrhunderts Luca Pacioli zwar nicht entdeckt, doch für die Wissenschaft "gefunden" und erstmals wissenschaftlich bearbeitet. Sowie bei der Facsimile-Ausgabe des grossen Horatio Gianutio die Feder geführt....Und bestimmt fehlt bei dieser Auflistung noch eine ganze Menge von Büchern, Forschungscoups und Aktivitäten in schachkultureller Perspektive...(18)

Ulrich Schädler

Ulrich Schädler hat in einem ausgedehnten Bildungsgang Architektur, dann Archäologie und Klassische Geschichte an den Universitäten Darmstadt, Frankfurt am Main sowie Rom (La Sapienza) studiert - und sich dabei eine solide Kenntnis von Latein und Griechisch sowie des Italienischen verschafft - 1989 schloss er sein Studium mit dem Doktorat in Altertumswissenschaft ab.  Seine spätere Berufskarriere beinhaltet Mitarbeit im Archäologischen Park von Xanten am Rhein, Assistenzprofessur Archäologie an der Universität Frankfurt, die  Position des Konservators der klassischen Altertümer am Landesmuseum Darmstadt - zwischendurch nahm er laufend an den Ausgrabungen in Ephesus teil, wobei er sich vor allem für die Funde antiker Spiele wie Latrunculi/Petteia interessierte und sie auswertete.  2002 wurde Schädler Leiter des Schweizerischen Spielemuseums in La Tour de Peilz bei Lausanne, und damit war die weitere Karriere vorgezeichnet. Seither hat Schädler eine Reihe von wissenschaftlichen Untersuchungen zu Spielen veröffentlicht - zuletzt etwa eine Geschichte der Lotterien - Ausstellungen im Museum wie anderswo organisiert und an zahlreichen Symposia und Spieletreffen teilegenommen, ist ausserdem Mitgleid der Internationalen Gesellschaft zur Erforschung von Brettspielen. 2007 habilitierte er sich in Freiburg/Ch  mit einr Arbeit über "Kulturgeschichte der Antike und des Mittelalters", und ist seither auch Privatdozent an  der Uni. Zum Thema Schach hat Schädler im wesentlichen durch seine Museumstätigkeit sowie die Teilnahme an den Treffen der Initiativgruppe Königstein hingefunden.  Schädler hat einige Aufsätze zu Schach publiziert, vor allem jedoch die  mit Ricardo Calvo begonnene Ausgabe des Spielebuchs Alfonso des Weisen  in deutscher Übersetzung. (19). Einige grosse Ausstellungen zu Schach oder mit Schach hat Schädler im Museum veranstaltet - das Museum verfügt über eine hervorragende Sammlung von Schachspielen, und hat nach dem Tode von Ken Whyld dessen Schachbibliothek gekauft.   Für Schädler ist Schach eines unter vielen Spielen - wenn auch das historisch bei weitem wichtigste - und muss im grösseren Zusammenhang des Spiels als Grundkomponente menschlicher Kultur und Zivilisation gesehen werden. (20)

Ernst STrouhal

Zum Schachspiel kam Ernst Strouhal durch familiäre Erfahrungen, und im Laufe seines Studiums der Soziologie und diverser anderer Facher an der Universität Wien  -  die Schachcafés der Metropole (heute alle verschwunden) übten einen magischen Reiz aus, dem man sich gewaltsam entziehen musste. Strouhal schaffte das, machte seinen Abschluss, wurde Assistent, Lehrbeauftragter an der Akademie für angewandte Kunst, habilitierte sich, wurde Professor. Und schlug 1990 dem Herausgeber der  Tageszeitung "Der Standard"  Oskar Bronner vor, in der gerade etablierten Publikation doch eine Schachkolumne einzubauen - seither verfasst Strouhal mit seinem Schreibpartner Michael Ehn Woche um Woche eine Schachspalte, die zum besten gehört, das diesbezüglich auf der Welt erscheint - 2010 erschien unter dem Titel "Enzyklopädie des Schach" eine Zusammenfassung der Kolumnen aus 20 Jahren!  1996 fand im Jüdischen Museum Wien ein prachtvole Ausstellung unter dem Titel "Ein Lied der Vernunft: die Welt in 64 Feldern" statt - und Strouhal produzierte einen gewichtigen Wälzer über Kunst und Schachspiel (Acht mal Acht), der zu einem absoluten Bestseller -  und immer wieder neu aufgelegt wurde. Es ist ein eigenartiges Buch - mit dem Lebenslauf von Akiba Rubinstein als roter Faden werden die verschiedensten Themen zu Schach in kurzen Texten behandelt, dazu kommen Listen von Schachbüchern und Photos der prachtvollen Ausstellung . 1998 verfasste Strouhal gemeinsam mit Ehn ein schmales Bändchen des Titels "Luftmenschen" , das die unbestimmte Lebenssituation von Kaffeehausspielern nachzeichnete - dies wurde ein durchschlagender Erfolg, der Begriff Luftmenschen für etwas haltlose Existenzen hat sich im Sprachgebrauch etabliert.  In der Folge liess Strouhal seine Eleven an der Akademie Schachspiele entwerfen, verfasste Essays aller Art über Schach und Kunst, gab Sammelbände heraus, und inszenierte Kunsthappenings rund ums Schach. . Strouhals grosse Stärke ist es, im Verbund mit anderen zu arbeiten und zu publizieren - so veröffentlichte er zusammen mit Ulrich Schädler drei Sammelbände von Essays unter dem Titel Spiel und Bürgerlichkeit - Passagen des Spiels,  in denen die führenden Spieleforscher in Europa Beiträge zur Rolle von Spiel in der Formierung der Gesellschaft(en) liefern. Insbesondere Band 3 (von 3 publizierten) über Schach und Alter macht ein wichtiges Statement - dass Schach das Leben verlängert! Der Kultur- und Kunstsoziologe Strouhal ist mit Schach nicht verheiratet - seine Interessen reichen von der philospophischen Einordnung des Spiels als Existenzbedingung, über die Einordnung des Spiels im Rahmen der bürgerlichen Gesellschaft der Neuzeit, bis zu den Formen der Kreativität im Spiel und ausserhalb. Aber immer wieder kommt auch der Kunstwissenschaftler  - in einer parabolischen Kurve wieder - auf schachliche Themen zurück, und sei es nur für die wöchentliche Schachkolumne... (21 )

Nachweise


1)übereinstimmend Egbert Meissenburg in "In memoriam Antonius van der Linde, Festschrift zu seinem 100. Todestag, Förderkreis Schachgeschichte, Kelkheim 1997, S 51, Abs. 3
2)   siehe Wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/Juri_Lwowitsch_Awerbach
3)  nach Konrad Haebler, Geschichte des spanischen Frühdrucks in Stammbäumen, Leipzig 1924, und
                  Konrad Haebler, Die deutschen Buchdrucker des XV.Jahrhunderts im Auslande, München 1924
           zit. nach Ricardo Calvo, Valencia - Geburtsstätte des modernen Schachs, Schach-Journal 3 - 1992, S. 35 ff
4)  siehe den Bericht zur Eröffnung des Gedenkraumes "Valencia, Wiege des modernen Schachspiels" in der      Sportstiftung der Stadt Valencia  bei chessbase http://es.chessbase.com/post/ilyumzhinov-en-valencia
5)  siehe Egbert Meissenburg, Ricardo Calvo zum Gedenken,  Festschrift für Egebert Meissenburg, Refordis Verlag ,      
                        Wien 2009, Anhang 5, p866 ff         
      siehe auch  Wikipedia https://es.wikipedia.org/wiki/Ricardo_Calvo_M%C3%ADnguez
6)  zum Teil nach Mitteilungen von Michael Ehn
7) siehe auch Wikipedia https://en.wikipedia.org/wiki/Duncan_Forbes_%28linguist%29
8)      José Antonio Garzon, En pos del incunable perdido,  Valencia 2001, Generalitat Valenciana, mit Vorwort von
                   Ricardo Calvo
                siehe auch http://www.origenvalencianodelajedrez.com/
9) siehe den Bericht zur Eröffnung des Gedenkraumes "Valencia, Wiege des modernen Schachspiels" in der      
                Sportstiftung der Stadt Valencia 
                    Bericht bei  chessbase http://es.chessbase.com/post/ilyumzhinov-en-valencia
10)   erschienen bei  Rom Editores - Nebea 
                       wegen des Buchs von Timoneda siehe http://www.damasweb.com/timoneda.html
11) siehe z.B. hier die Spannweite der Verlagstitel....http://www.chessbooks.co.uk/Chessplayer.html
12) siehe dazu  Wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/Tassilo_von_Heydebrand_und_der_Lasa
                  weiters: http://www.deutsche-biographie.de/sfz35018.html
                    sowie Michael Negele, Der wohl bedeutendste deutsche Schachmeister....,
                     Deutscher Schachbund, Portal, 17.10.2015
13) siehe auch Wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/Hans_Holl%C3%A4nder
 
                     weiters http://www.lasker-gesellschaft.de/forum/dagobert-kohlmeyer/ausstellung-shadows-  
                    schachclub.html
                   auch http://www.mann-portal.com/az1997_7_1.jpg
14) nach Egbert Meissenburg,  wo viel Schatten ist, ist auch viel Licht..., Festschrift in Memoriam Antonius van der
                    Linde, Förderkreis Schachgeschichtsforschung,  Kelkheim 1997. p 28 ff.
              auch Wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/Antonius_van_der_Linde
15)  nach Siegfried Schönle (Hg.), Festschrift Egbert Meissenburg, Refordis Verlag Wien 2009, S 23 ff
16)  nach Wikipedia https://en.wikipedia.org/wiki/H._J._R._Murray

17)  siehe vor allem die letzten zehn Jahrgänge der Zeitschrift Karl ,
                sowie Negele's biographische Artikel auf der Portalseite des Deutschen Schachbundes
18) nach eigenen Recherchen - siehe auch Siegfried Schönle (Hg.), Festschrift Alessandro Sanvito, Wien 2011, ebda..
19) Ulrich Schädler/Ricardo Calvo (Hg.), Das Buch der Spiele, LIT Verlag, Wien/Berlin 2009, 335 pp, geb. kartoniert
20)  vor allem nach dem CV auf der Webseite der Universität Freiburg / CH
21) siehe auch Wikipedia   https://de.wikipedia.org/wiki/Ernst_Strouhal
                  



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