Schachlabyrinthe der Malerei im 20. Jahrhundert
von Hans Holländer
Das Schachspiel kann wegen seiner kombinatorischen Mannigfaltigkeit und wegen des beständigen Entscheidungszwangs zwischen richtigen, falschen und trivialen Zügen als Labyrinthspiel gelten. Die meisten Labyrinthe, wie sie in umfangreichen Kompendien gesammelt wurden, sind jedoch offensichtlich vom Schachbrett zu weit entfernt, als dass man mehr als nur eine lockere Analogie darin sehen könnte. Es ist daher zweckmäßig, mehrere Arten von Labyrinthen zu unterscheiden, damit eine Annäherung struktureller Art zustande kommt. (1)
Seit zweieinhalb Jahrtausenden heißen auch geometrische Muster, in denen ein einziger mäanderhaft verschlungener Weg zum Zentrum und zurück führt, Labyrinth. Diese Labyrinthe sind eigentlich Ariadnefäden, stellen also nicht das Problem, sondern seine Lösung dar. In der gesamten Literatur seit der Antike ist das Labyrinth jedoch immer ein Irrweg mit mehreren möglichen Wegen. Die Irrgärten, die es seit dem 16. Jahrhundert gibt, gehören zu dieser literarischen Tradition, die alle Irrwege und alle verwandten Systeme und Konstruktionen seit dem kretischen Labyrinth des Daidalos umfasst. Von hier aus sind auch alle Labyrinthmetaphern ableitbar – etwa die Stadt als Labyrinth, Höhlen als Labyrinthe, die Wüste als unendliches Labyrinth, der Urwald und das Schachspiel. Es geht dabei immer auch um Annäherungen an den Begriff des Unendlichen, das als unendliche Unterteilung eines begrenzten Gebietes oder als Vergrößerung durch Multiplikation seiner Teile darstellbar ist. Immer muss in diesen Labyrinthen jemand hinzugedacht werden, der sich darin bewegt und darin verirren kann. Das System aber, die Architektur zum Beispiel, bleibt meist starr und unabhängig von den Bewegungen des Wanderers.
Von hier aus sind weitere Labyrinthe denkbar: Labyrinthe, die sich mit jedem Schritt des Wanderers verändern und durch seine Wanderung immer wieder neu entstehen. Diesen Typus kann man als „kinetisches Labyrinth“ betrachten. Das kommt dem Schachspiel schon nahe, bei dem sich mit jedem Zug die Kraftfelder der Figuren verändern. Da zwei Spieler gegeneinander arbeiten und ein Konflikt zweier im Bau befindlicher Labyrinthe im Gange ist, muss man sich dieses kinetische Modell gespiegelt vorstellen. Den jeweils gegnerischen König kann man als Minotaurus betrachten, und jeder Spieler befände sich dann in der Rolle des Theseus. Das entspricht dem plastischen Ensemble von Paul Wunderlich von 1985.(Abb.1) (2)
Seit zweieinhalb Jahrtausenden heißen auch geometrische Muster, in denen ein einziger mäanderhaft verschlungener Weg zum Zentrum und zurück führt, Labyrinth. Diese Labyrinthe sind eigentlich Ariadnefäden, stellen also nicht das Problem, sondern seine Lösung dar. In der gesamten Literatur seit der Antike ist das Labyrinth jedoch immer ein Irrweg mit mehreren möglichen Wegen. Die Irrgärten, die es seit dem 16. Jahrhundert gibt, gehören zu dieser literarischen Tradition, die alle Irrwege und alle verwandten Systeme und Konstruktionen seit dem kretischen Labyrinth des Daidalos umfasst. Von hier aus sind auch alle Labyrinthmetaphern ableitbar – etwa die Stadt als Labyrinth, Höhlen als Labyrinthe, die Wüste als unendliches Labyrinth, der Urwald und das Schachspiel. Es geht dabei immer auch um Annäherungen an den Begriff des Unendlichen, das als unendliche Unterteilung eines begrenzten Gebietes oder als Vergrößerung durch Multiplikation seiner Teile darstellbar ist. Immer muss in diesen Labyrinthen jemand hinzugedacht werden, der sich darin bewegt und darin verirren kann. Das System aber, die Architektur zum Beispiel, bleibt meist starr und unabhängig von den Bewegungen des Wanderers.
Von hier aus sind weitere Labyrinthe denkbar: Labyrinthe, die sich mit jedem Schritt des Wanderers verändern und durch seine Wanderung immer wieder neu entstehen. Diesen Typus kann man als „kinetisches Labyrinth“ betrachten. Das kommt dem Schachspiel schon nahe, bei dem sich mit jedem Zug die Kraftfelder der Figuren verändern. Da zwei Spieler gegeneinander arbeiten und ein Konflikt zweier im Bau befindlicher Labyrinthe im Gange ist, muss man sich dieses kinetische Modell gespiegelt vorstellen. Den jeweils gegnerischen König kann man als Minotaurus betrachten, und jeder Spieler befände sich dann in der Rolle des Theseus. Das entspricht dem plastischen Ensemble von Paul Wunderlich von 1985.(Abb.1) (2)
In diesem Sinne ist das Schachspiel strukturell ein Labyrinthspiel und ein Modell für eine ganze Reihe möglicher Bezugssysteme und Bedeutungen, aber nicht unabhängig von der frühzeitig beginnenden Schachmetaphorik, in der es ein Gleichnis der Welt und des menschlichen Lebens ist.
Um dieses Zentrum legen sich wechselnde Bedeutungsfelder, in denen Bildkünste und Literatur einander ständig überlagern. Die Ikonographie des Schachspiels in der Malerei und Graphik wird dominiert von der Darstellung zweier Spieler, die in unterschiedlichen Spannungszuständen vor dem Schachbrett sitzen, mit mehr oder weniger deutlicher Charakterisierung. Manchmal ist der Tod der Gegner, sehr häufig spielt der Antagonismus der Geschlechter eine Rolle, nicht selten politische Gegnerschaft.
Eine andere Tradition macht die Schachfiguren und die Felder zu Akteuren. Daher können sich artistische Erfahrungen der Moderne mit den Zeichensystemen des Spieles überlagern und gegenseitig aufschaukeln. Das war zuerst bei Marcel Duchamp zu sehen, etwa in seinem Gemälde König und Königin durchquert von schnellen Akten (Abb.2), (3) ein Hauptwerk seiner mit dem berühmten die Treppe herabsteigenden Akt (4) beginnenden Auseinandersetzung mit dem Kubismus. Es ist eine Zeitdarstellung mit kubistischen Mitteln, ein sozusagen „kinetischer Kubismus“ am Thema funktionierender Mechanik und des Schachspiels.
Um dieses Zentrum legen sich wechselnde Bedeutungsfelder, in denen Bildkünste und Literatur einander ständig überlagern. Die Ikonographie des Schachspiels in der Malerei und Graphik wird dominiert von der Darstellung zweier Spieler, die in unterschiedlichen Spannungszuständen vor dem Schachbrett sitzen, mit mehr oder weniger deutlicher Charakterisierung. Manchmal ist der Tod der Gegner, sehr häufig spielt der Antagonismus der Geschlechter eine Rolle, nicht selten politische Gegnerschaft.
Eine andere Tradition macht die Schachfiguren und die Felder zu Akteuren. Daher können sich artistische Erfahrungen der Moderne mit den Zeichensystemen des Spieles überlagern und gegenseitig aufschaukeln. Das war zuerst bei Marcel Duchamp zu sehen, etwa in seinem Gemälde König und Königin durchquert von schnellen Akten (Abb.2), (3) ein Hauptwerk seiner mit dem berühmten die Treppe herabsteigenden Akt (4) beginnenden Auseinandersetzung mit dem Kubismus. Es ist eine Zeitdarstellung mit kubistischen Mitteln, ein sozusagen „kinetischer Kubismus“ am Thema funktionierender Mechanik und des Schachspiels.
Neben einigen Konstruktivisten wie Josef Hartwig (Abb. 3 und 4 ) (5) waren es vor allem die Surrealisten, die das Schachspiel als Modell ihrer kombinatorischen Poetik gewählt haben. Die Initialzündung ging wohl von Duchamp aus. Er war auch einer der Initiatoren der berühmten Ausstellung The Imagery of Chess, die 1944 in New York stattfand. Max Ernst war der andere Organisator, und unter den Teilnehmern finden sich fast alle nach Amerika emigrierten Surrealisten und eine Reihe amerikanischer Künstler, die wenig später berühmt wurden, zum Beispiel John Cage. Vor einigen Jahren wurde diese Ausstellung rekonstruiert und mit einer zusätzlichen Dokumentation publiziert. Es ist wahrscheinlich die wichtigste Quelle zur Kunstgeschichte des Schachspiels im 20. Jahrhundert. (6)
Davon wussten die Künstler, die nach dem zweiten Weltkrieg in Neapel eine kleine surrealistische Gruppe gründeten, nichts. Nach ihrem Gründungsjahr nannten sie sich Gruppe 58, und natürlich gab es ein Manifest und eine Zeitschrift, die eine zeitlang von Mario Persico redigiert wurde. (7) In den sechziger und siebziger Jahren hat er sich in Collagen, quasi manieristischen Gemälden und Zeichnungen mit dem Thema Schach auseinandergesetzt. Eine der ersten Zeichnungen, Ubu Roi (Abb. 5), quasi eine gezeichnete Collage, ist Alfred Jarry gewidmet. (8) Ubu ist ein Monstrum, und das ist er auch bei Persico. Da schieben sich dekorative Elemente, Maschinenteile und biologisch-anatomische Details ineinander, ganz in pataphysikalischer Manier, und aus ferner Distanz vermeint man auch noch einen kollegialen Gruß von Arcimboldo zu erkennen. Oben, über der geöffneten Stirnhöhle, steht Sah Mat, darunter sieht man ein quadratisches Feld mit dem in Schachdiagrammen üblichen Zeichen für König. Persico hat einen Ubu als Schachkönig in angemessener kombinatorischer Manier porträtiert, und zwar in schachmattem Zustand, nach dem Endspiel, und damit zugleich eine Verwandtschaft dieses Spiels mit dem Theater des Absurden postuliert oder zur Diskussion gestellt. Fast gleichzeitig begegnet diese These in anderer Form und viel ausführlicher bei Fernando Arrabal. (9) Mit Ubu beginnt Persicos Serie der Schachcapriccios. Gambetto Blackman, 1965 (Abb. 6) (10)
Das Schachbrett ist senkrecht, etwas schräg gestellt. Es hat einen Sockel, eine Art Predella. Tatsächlich heißen einige der Bilder Persicos in dieser Anordnung Altare Ludico. In der Predella wirbeln Zahlen und Kuben durcheinander, sie erinnert an eine Schublade. Am Rande sieht man Zahnräder, also vielleicht Erinnerungen an etwas wie einen Schachautomaten. Die Schachsymbole auf den Feldern entsprechen den in Reise- und Brieftaschenschach üblichen. Die Felder sind Würfel, die teilweise wie herausgedrückt erscheinen. Daneben allerhand kleine Skizzen und ein kleines Schachfeld mit der Stellung nach dem ersten Zug des Blackmar-Diemer-Gambits. Aus einem unbekannten Grund nannte Persico es Gambetto Blackman, vermutlich ein Lese- oder Hörfehler. Jedenfalls gefiel dem Künstler auch der verkehrte Titel, den er noch mehrfach verwendet hat.
Im gleichen Jahr entstand eine weitere, nun schon bedeutend angereicherte Variante (Abb. 7). (11) Jetzt ist die Altarform deutlich zu erkennen. Der Altar hat nun aufgeklappte Seitenflügel. Sehr groß ist ein schön gezeichneter König zu sehen. Die Stellung auf dem Schachbrett zeigt einen fortgeschrittenen und verrätselten Zustand einer imaginären Partie. Die leeren Felder daneben sind teilweise halb aufgeklappt wie Luken. Hinter ihnen kann sich etwas verbergen. Es könnten Falltüren sein. In der Predella geht es nun turbulenter zu. Hebel, Bolzen, Schachfiguren, allerhand Mechanismen, Kästen, eine Zeichnung mit Gliederpuppe verweisen auf einen gedachten Antrieb des Schachmechanismus, und dass der Sinn nicht deutlich
Davon wussten die Künstler, die nach dem zweiten Weltkrieg in Neapel eine kleine surrealistische Gruppe gründeten, nichts. Nach ihrem Gründungsjahr nannten sie sich Gruppe 58, und natürlich gab es ein Manifest und eine Zeitschrift, die eine zeitlang von Mario Persico redigiert wurde. (7) In den sechziger und siebziger Jahren hat er sich in Collagen, quasi manieristischen Gemälden und Zeichnungen mit dem Thema Schach auseinandergesetzt. Eine der ersten Zeichnungen, Ubu Roi (Abb. 5), quasi eine gezeichnete Collage, ist Alfred Jarry gewidmet. (8) Ubu ist ein Monstrum, und das ist er auch bei Persico. Da schieben sich dekorative Elemente, Maschinenteile und biologisch-anatomische Details ineinander, ganz in pataphysikalischer Manier, und aus ferner Distanz vermeint man auch noch einen kollegialen Gruß von Arcimboldo zu erkennen. Oben, über der geöffneten Stirnhöhle, steht Sah Mat, darunter sieht man ein quadratisches Feld mit dem in Schachdiagrammen üblichen Zeichen für König. Persico hat einen Ubu als Schachkönig in angemessener kombinatorischer Manier porträtiert, und zwar in schachmattem Zustand, nach dem Endspiel, und damit zugleich eine Verwandtschaft dieses Spiels mit dem Theater des Absurden postuliert oder zur Diskussion gestellt. Fast gleichzeitig begegnet diese These in anderer Form und viel ausführlicher bei Fernando Arrabal. (9) Mit Ubu beginnt Persicos Serie der Schachcapriccios. Gambetto Blackman, 1965 (Abb. 6) (10)
Das Schachbrett ist senkrecht, etwas schräg gestellt. Es hat einen Sockel, eine Art Predella. Tatsächlich heißen einige der Bilder Persicos in dieser Anordnung Altare Ludico. In der Predella wirbeln Zahlen und Kuben durcheinander, sie erinnert an eine Schublade. Am Rande sieht man Zahnräder, also vielleicht Erinnerungen an etwas wie einen Schachautomaten. Die Schachsymbole auf den Feldern entsprechen den in Reise- und Brieftaschenschach üblichen. Die Felder sind Würfel, die teilweise wie herausgedrückt erscheinen. Daneben allerhand kleine Skizzen und ein kleines Schachfeld mit der Stellung nach dem ersten Zug des Blackmar-Diemer-Gambits. Aus einem unbekannten Grund nannte Persico es Gambetto Blackman, vermutlich ein Lese- oder Hörfehler. Jedenfalls gefiel dem Künstler auch der verkehrte Titel, den er noch mehrfach verwendet hat.
Im gleichen Jahr entstand eine weitere, nun schon bedeutend angereicherte Variante (Abb. 7). (11) Jetzt ist die Altarform deutlich zu erkennen. Der Altar hat nun aufgeklappte Seitenflügel. Sehr groß ist ein schön gezeichneter König zu sehen. Die Stellung auf dem Schachbrett zeigt einen fortgeschrittenen und verrätselten Zustand einer imaginären Partie. Die leeren Felder daneben sind teilweise halb aufgeklappt wie Luken. Hinter ihnen kann sich etwas verbergen. Es könnten Falltüren sein. In der Predella geht es nun turbulenter zu. Hebel, Bolzen, Schachfiguren, allerhand Mechanismen, Kästen, eine Zeichnung mit Gliederpuppe verweisen auf einen gedachten Antrieb des Schachmechanismus, und dass der Sinn nicht deutlich
erkennbar ist, darf bei einem Spiel, das als angewandte Pataphysik mit einer Widmung an Alfred Jarry eingeführt wurde, nicht verwundern.
Im nächsten Blatt, immer noch „Blackman“ (Abb. 8), (12) fängt das Schachbrett an zu wuchern, es tritt buchstäblich über seine Ufer, überlagert sich mit anderen Schachfeldern. Die Falltüren lassen dahinterliegende Kammern und Schächte vermuten, und der Anschein einer Konstruktionszeichnung wird konsequent aufrecht erhalten. In einem der Bilder steht der ganze Apparat auf einem Sockel, und der Titel heißt nun Tabernacolo dell’ interrogazione (1968, Abb. 9). (13) Ein großes Fragezeichen stellt dem Betrachter das Ganze als Rätsel vor und gibt zu erkennen, dass absurde Kombinationen Fragen sind, auf die es keine Antwort gibt. Dieser Altar ist wie aus geschichteten Bohlen zurechtgezimmert. Aus einem der aufgesetzten Kästen schnellt eine Trickfigur. Oben liegen fächerartig aufgeblätterte Bretter. Persico hat nach dieser Schachserie sein Zeichenrepertoire weiter ausgedehnt und schließlich absurde Verkehrszeichen entworfen, deren einziger Zweck darin zu bestehen scheint, Verkehrskatastrophen zu verursachen. Die Vorspiele kann man auf den Schachaltären vermuten. Vielleicht waren die leeren Falltüren ihre wichtigsten Details, denn sie verweisen auf einen Untergrund, auf dunkle Antriebe, auf rätselhafte Steuerungsmechanismen der Scheinrationalität absurder Ereignisse an der Oberfläche. Die Altäre und Tabernakel, kirchliche Requisiten, können als spöttische Zitate verstanden werden. Sie verweisen auf die schwerverständliche Mechanik gedankenlos abgespulter Rituale und sachkundig inszenierter Wunder.
Wenn Schachfiguren in Aktion geraten, befinden sie sich normalerweise auf ihren 64 Feldern, der Bühne ihres Welttheaters. Dieses gewohnte Modell reicht für die Traditionen der Schachmetaphorik zwar aus, ist aber zugleich eine Art Nucleus für bedeutende Metamorphosen. Bei Samuel BAK wird daraus ein ganzes Weltpanorama, eine endlose Welt als Labyrinth, in der sich die Leitmotive seiner individuellen Ikonographie zugleich verfremden und verdichten.(14)
Man muss wissen, dass Samuel BAK 1933 in Wilna geboren wurde, als Kind den 2. Weltkrieg teils im Wilnaer Ghetto, teils in Verstecken überlebte, dann einige Jahre DP, also displaced person war, 1948 nach Palästina ging, als der Staat Israel gegründet wurde, und während dieser Zeit seine künstlerische Ausbildung, soweit die Umstände es zuließen, voranbrachte. Heute lebt er in Boston/Massachusetts. Seine subtile und geistreiche Malerei kann man „altmeisterlich“ nennen, denn wie einige Surrealisten legt BAK Wert auf gegenständliche Präzision. Nur so ist das Phantastische überhaupt darstellbar. Dieinhaltlichen Kombinationen bedürfen der Wiedererkennbarkeit distinkter Elemente. BAK hat gelegentlich zu erkennen gegeben, dass er René Magritte wenn nicht als Vorbild, so doch als bewunderten älteren Kollegen betrachtet. Seine Thematik, mehr noch seine Weltansicht, folgt aus seinen frühen Erfahrungen und späteren Erlebnissen. Die jüdische Geschichte im 20. Jahrhundert spielt eine Hauptrolle, seine Erinnerung an Krieg, Flucht, Versteck, an beständige Gefahr ist in vielen seiner Bilder gegenwärtig, auch in den Schachgemälden. Wie er aber seine Gedanken wandern und wildern lässt und aus jeder Kombination neue Zeichen, Metaphern und inhaltliche Pointen gewinnt, sieht man bei ihm an den Variationen über das Labyrinthische.
Eines seiner Leitmotive ist das Schloss, zu dem kein Schlüssel passt. In einem Bild von 1973, Geheime Ausgrabung (Abb. 10) (15) ist in einer Wüstenlandschaft ein altes Gemäuer ans Licht gekommen. Eine Türumrahmung hat die Form eines Schlüssellochs. Große Schlüssel liegen herum, doch keiner passt, und es wäre auch sinnlos, sie auszuprobieren, weil die Öffnung nicht zu einem Schloss gehört. Weit hinten auf dem Hügel steht eine einzelne Schachfigur, ein Bauer. Er hat dieselben Konturen wie die Türöffnung. Dieses Spiel von Bauer und Schlüsselloch, Positiv und Negativ, wird eine Zeitlang fast seriell weitergetrieben und zum Bestandteil von Schachbildern, in denen sich freilich noch ganz andere Kombinationen ereignen.
BAK hat 1998 eine Reihe von 55 Schachbildern mit dem Titel The Game continues (Abb. 11) (16) gemalt, eine Folge von Landschaften, deren Bewohner Schachfiguren sind, die sich in einem endlosen Krieg befinden. Sie und ihr Krieg sind schon alt und verschlissen, viele sind verwundet, zerstückelt und durch provisorische metallene Manschetten, Bleche, Reifen wieder zusammengeflickt. Man sieht sie halb im Boden versunken und unter den geborstenen Steinplatten der Schachfelder in unterirdischen Verstecken versammelt. Ferne Rauchwolken zeigen, dass der Krieg noch nicht zu Ende ist, obgleich alles schon nach vergeblichen letzten Gefechten, nach Endspielen aussieht, die Stellungen zerstört und die verlorenen Haufen auf der Flucht sind. Währenddessen ist die Landschaft weiträumig und schön, die fernen Berge scheinen unberührt von den sinnlosen Gemetzeln. Solche Bilder erinnern an die Jahreszeitenbilder von Pieter Breughel d.Ä., einem der Meister, die BAK bewundert. Doch weiß er auch, dass bei Breughel nur die Ferne so schön und lockend ist, in der Nähe wird die Welt immer absurder, sobald die Natur sich in menschliche Natur verwandelt.
Im nächsten Blatt, immer noch „Blackman“ (Abb. 8), (12) fängt das Schachbrett an zu wuchern, es tritt buchstäblich über seine Ufer, überlagert sich mit anderen Schachfeldern. Die Falltüren lassen dahinterliegende Kammern und Schächte vermuten, und der Anschein einer Konstruktionszeichnung wird konsequent aufrecht erhalten. In einem der Bilder steht der ganze Apparat auf einem Sockel, und der Titel heißt nun Tabernacolo dell’ interrogazione (1968, Abb. 9). (13) Ein großes Fragezeichen stellt dem Betrachter das Ganze als Rätsel vor und gibt zu erkennen, dass absurde Kombinationen Fragen sind, auf die es keine Antwort gibt. Dieser Altar ist wie aus geschichteten Bohlen zurechtgezimmert. Aus einem der aufgesetzten Kästen schnellt eine Trickfigur. Oben liegen fächerartig aufgeblätterte Bretter. Persico hat nach dieser Schachserie sein Zeichenrepertoire weiter ausgedehnt und schließlich absurde Verkehrszeichen entworfen, deren einziger Zweck darin zu bestehen scheint, Verkehrskatastrophen zu verursachen. Die Vorspiele kann man auf den Schachaltären vermuten. Vielleicht waren die leeren Falltüren ihre wichtigsten Details, denn sie verweisen auf einen Untergrund, auf dunkle Antriebe, auf rätselhafte Steuerungsmechanismen der Scheinrationalität absurder Ereignisse an der Oberfläche. Die Altäre und Tabernakel, kirchliche Requisiten, können als spöttische Zitate verstanden werden. Sie verweisen auf die schwerverständliche Mechanik gedankenlos abgespulter Rituale und sachkundig inszenierter Wunder.
Wenn Schachfiguren in Aktion geraten, befinden sie sich normalerweise auf ihren 64 Feldern, der Bühne ihres Welttheaters. Dieses gewohnte Modell reicht für die Traditionen der Schachmetaphorik zwar aus, ist aber zugleich eine Art Nucleus für bedeutende Metamorphosen. Bei Samuel BAK wird daraus ein ganzes Weltpanorama, eine endlose Welt als Labyrinth, in der sich die Leitmotive seiner individuellen Ikonographie zugleich verfremden und verdichten.(14)
Man muss wissen, dass Samuel BAK 1933 in Wilna geboren wurde, als Kind den 2. Weltkrieg teils im Wilnaer Ghetto, teils in Verstecken überlebte, dann einige Jahre DP, also displaced person war, 1948 nach Palästina ging, als der Staat Israel gegründet wurde, und während dieser Zeit seine künstlerische Ausbildung, soweit die Umstände es zuließen, voranbrachte. Heute lebt er in Boston/Massachusetts. Seine subtile und geistreiche Malerei kann man „altmeisterlich“ nennen, denn wie einige Surrealisten legt BAK Wert auf gegenständliche Präzision. Nur so ist das Phantastische überhaupt darstellbar. Dieinhaltlichen Kombinationen bedürfen der Wiedererkennbarkeit distinkter Elemente. BAK hat gelegentlich zu erkennen gegeben, dass er René Magritte wenn nicht als Vorbild, so doch als bewunderten älteren Kollegen betrachtet. Seine Thematik, mehr noch seine Weltansicht, folgt aus seinen frühen Erfahrungen und späteren Erlebnissen. Die jüdische Geschichte im 20. Jahrhundert spielt eine Hauptrolle, seine Erinnerung an Krieg, Flucht, Versteck, an beständige Gefahr ist in vielen seiner Bilder gegenwärtig, auch in den Schachgemälden. Wie er aber seine Gedanken wandern und wildern lässt und aus jeder Kombination neue Zeichen, Metaphern und inhaltliche Pointen gewinnt, sieht man bei ihm an den Variationen über das Labyrinthische.
Eines seiner Leitmotive ist das Schloss, zu dem kein Schlüssel passt. In einem Bild von 1973, Geheime Ausgrabung (Abb. 10) (15) ist in einer Wüstenlandschaft ein altes Gemäuer ans Licht gekommen. Eine Türumrahmung hat die Form eines Schlüssellochs. Große Schlüssel liegen herum, doch keiner passt, und es wäre auch sinnlos, sie auszuprobieren, weil die Öffnung nicht zu einem Schloss gehört. Weit hinten auf dem Hügel steht eine einzelne Schachfigur, ein Bauer. Er hat dieselben Konturen wie die Türöffnung. Dieses Spiel von Bauer und Schlüsselloch, Positiv und Negativ, wird eine Zeitlang fast seriell weitergetrieben und zum Bestandteil von Schachbildern, in denen sich freilich noch ganz andere Kombinationen ereignen.
BAK hat 1998 eine Reihe von 55 Schachbildern mit dem Titel The Game continues (Abb. 11) (16) gemalt, eine Folge von Landschaften, deren Bewohner Schachfiguren sind, die sich in einem endlosen Krieg befinden. Sie und ihr Krieg sind schon alt und verschlissen, viele sind verwundet, zerstückelt und durch provisorische metallene Manschetten, Bleche, Reifen wieder zusammengeflickt. Man sieht sie halb im Boden versunken und unter den geborstenen Steinplatten der Schachfelder in unterirdischen Verstecken versammelt. Ferne Rauchwolken zeigen, dass der Krieg noch nicht zu Ende ist, obgleich alles schon nach vergeblichen letzten Gefechten, nach Endspielen aussieht, die Stellungen zerstört und die verlorenen Haufen auf der Flucht sind. Währenddessen ist die Landschaft weiträumig und schön, die fernen Berge scheinen unberührt von den sinnlosen Gemetzeln. Solche Bilder erinnern an die Jahreszeitenbilder von Pieter Breughel d.Ä., einem der Meister, die BAK bewundert. Doch weiß er auch, dass bei Breughel nur die Ferne so schön und lockend ist, in der Nähe wird die Welt immer absurder, sobald die Natur sich in menschliche Natur verwandelt.
Das Schachspiel hat immer, aber niemals ausschließlich, als Kriegsspiel gelten können. Bei BAK ist diese Metapher dominant. Dieser Krieg, buchstäblich ein „Weltkrieg“, hat keinen Anfang und kein Ende, und er hat auch keinen ersichtlichen Grund. Er ist kein Ereignis oder eine Folge von Ereignissen, sondern ein Zustand. Man kann sich an das Gedicht von Jorge Luis Borges erinnern, das dem Schach gewidmet ist. In einem dieser Verse heißt es:
„Im Orient entbrannte dieser Krieg
Dessen Schauplatz heute die ganze Welt ist.
Wie das andere ist dieser Krieg unendlich.“ (17)
Das „andere Spiel“ ist das Universum, und der ewige Wechsel von Tag und Nacht entspricht den schwarzweißen Feldern des Schachbretts. Borges zitiert „Omar den Zeltmacher“. Unendlichkeit hat sowohl mathematische wie kosmologische Bedeutungsfelder, ist aber nicht absurd. Das Absurde verbindet sich eher mit Endlosigkeit. Endlos und sinnlos können sogar austauschbare Vokabeln werden. Ich nehme an, dass BAK seine Landschaften als unendlich betrachtete, seinen darin stattfindenden Krieg aber als endlos. Dies und der bedenkliche Zustand der Akteure lässt an einen anderen Autor denken. Friedrich Dürrenmatt, ein Freund des Schachspiels, der Labyrinthe und der absurden Kombinationen, hat ein Fragment hinterlassen mit dem Titel Der Winterkrieg in Tibet und über die Entstehungsgeschichte dieses Projekts in seinem autobiographischen Buch Labyrinth Turmbau berichtet. Einige Stichproben:
„Wir bekämpfen den Feind in phantastischen Höhen, in Gletschern und an Steilhängen, an Geröllhalden, Schründen und unter Überhängen, in einem Labyrinth von Schützengräben und Bunkern, dann wieder in grellem Sonnenlicht, das uns erblinden läßt. Und dieser Kampf ist umso schwieriger, weil Freund und Feind die gleichen weißen Uniformen tragen.“ (18)
Das ist natürlich eine besondere Pointe, denn Dürrenmatt gibt zu erkennen, dass die einzige Rechtfertigung dieses Krieges die Existenz eines Feindes ist. Der aber ist nicht erkennbar, weil jeder der Feind sein kann. Der Zustand der Truppe kann dann so aussehen, wie der Erzähler berichtet:
„Ich blieb entsetzt stehen: Vor mir in einem Rollstuhl saß ein beinloser Söldner. Statt Arme hatte er Prothesen, die linke war eine Stahlstangenkonstruktion, die in eine Maschinenpistole überging. Die rechte endete in einer künstlichen Hand, die aus Zangen, Schraubenziehern, Messern und einem Stahlgriff bestand. Der untere Teil des Gesichts war ebenfalls aus Stahl, an der Stelle des Mundes war ein Schlauch.“(19)Solche Figuren gibt es in ebenso grotesken wie grausigen Variationen auch bei BAK. (20) Überhaupt ist eine gewisse Verwandtschaft im Ansatz der Texte und Bilder bemerkenswert, zumal da eine direkte Beziehung unwahrscheinlich ist. Es handelt sich vielmehr um Anlässe und Überlegungen, die durch den zweiten Weltkrieg ausgelöst wurden und zu ähnlichen längeren Gedankenspielen führten.
„Im Orient entbrannte dieser Krieg
Dessen Schauplatz heute die ganze Welt ist.
Wie das andere ist dieser Krieg unendlich.“ (17)
Das „andere Spiel“ ist das Universum, und der ewige Wechsel von Tag und Nacht entspricht den schwarzweißen Feldern des Schachbretts. Borges zitiert „Omar den Zeltmacher“. Unendlichkeit hat sowohl mathematische wie kosmologische Bedeutungsfelder, ist aber nicht absurd. Das Absurde verbindet sich eher mit Endlosigkeit. Endlos und sinnlos können sogar austauschbare Vokabeln werden. Ich nehme an, dass BAK seine Landschaften als unendlich betrachtete, seinen darin stattfindenden Krieg aber als endlos. Dies und der bedenkliche Zustand der Akteure lässt an einen anderen Autor denken. Friedrich Dürrenmatt, ein Freund des Schachspiels, der Labyrinthe und der absurden Kombinationen, hat ein Fragment hinterlassen mit dem Titel Der Winterkrieg in Tibet und über die Entstehungsgeschichte dieses Projekts in seinem autobiographischen Buch Labyrinth Turmbau berichtet. Einige Stichproben:
„Wir bekämpfen den Feind in phantastischen Höhen, in Gletschern und an Steilhängen, an Geröllhalden, Schründen und unter Überhängen, in einem Labyrinth von Schützengräben und Bunkern, dann wieder in grellem Sonnenlicht, das uns erblinden läßt. Und dieser Kampf ist umso schwieriger, weil Freund und Feind die gleichen weißen Uniformen tragen.“ (18)
Das ist natürlich eine besondere Pointe, denn Dürrenmatt gibt zu erkennen, dass die einzige Rechtfertigung dieses Krieges die Existenz eines Feindes ist. Der aber ist nicht erkennbar, weil jeder der Feind sein kann. Der Zustand der Truppe kann dann so aussehen, wie der Erzähler berichtet:
„Ich blieb entsetzt stehen: Vor mir in einem Rollstuhl saß ein beinloser Söldner. Statt Arme hatte er Prothesen, die linke war eine Stahlstangenkonstruktion, die in eine Maschinenpistole überging. Die rechte endete in einer künstlichen Hand, die aus Zangen, Schraubenziehern, Messern und einem Stahlgriff bestand. Der untere Teil des Gesichts war ebenfalls aus Stahl, an der Stelle des Mundes war ein Schlauch.“(19)Solche Figuren gibt es in ebenso grotesken wie grausigen Variationen auch bei BAK. (20) Überhaupt ist eine gewisse Verwandtschaft im Ansatz der Texte und Bilder bemerkenswert, zumal da eine direkte Beziehung unwahrscheinlich ist. Es handelt sich vielmehr um Anlässe und Überlegungen, die durch den zweiten Weltkrieg ausgelöst wurden und zu ähnlichen längeren Gedankenspielen führten.
Auch in meinem dritten Exemplum geht es um Annäherungen von Texten und Bildern und um labyrinthische Konstellationen, die sich im Schachspiel verdichten und von dort aus in endlose imaginäre Räume ausgreifen. Als Maria Helena Vieira da Silva 1947 aus dem Exil in Rio de Janeiro nach Paris zurückgekehrt war, verdankte sie ihren ersten Erfolg einem 1943 entstandenen Gemälde mit dem Titel Die Schachpartie (La partie d’Échecs, Abb. 12) (21). Das Bild wurde vom französischen Staat für das Musée d’Art Moderne angekauft. Damit begann ihre ununterbrochene Serie von Ausstellungserfolgen. Tatsächlich war sie eine der herausragenden Künstlerinnen der damaligen École de Paris. Ihr Thema war die Perspektive, der Raum und die Kombinatorik geometrischer Elemente. Das sieht man auch an ihrem Schachbild. Sie hatte schon einige Jahre zuvor begonnen, mosaikartige Strukturen, Raster, Flächen, Wände, Grundrisse in kleinteilig-geometrische Muster aufzulösen und zu verspiegeln und diese einander überblendenden Felder einem schwindelerregenden perspektivischen Raumsog auszusetzen. Ihre Perspektiven haben überdies mehrere Fluchtpunkte, und jedes geometrische Element kann simultan mehreren Raumschichten unterschiedlicher Tiefe angehören. Die gebündelten Linien jagen sich in waghalsigen Kurvaturen, und immer wieder erscheinen schachbrettartige Muster, um alsbald wieder zu verschwinden. Dadurch erweitern sich die oft kastenartigen oder bühnenhaften Räume zu imaginären Unendlichkeiten, in denen geisterhafte Gestalten, Spielkarten, Tänzer, Harlekine durch kaleidoskopartige Spiegelräume huschen. Aber erst 1943 kristallisierte sich im Zentrum ein Schachbrett aus dem endlosen Dschungel von Rastern heraus, und man sieht nun, einander gegenüber sitzend, zwei Spieler, freilich, wie die Tänzer zuvor, geometrisch zerspaltene Existenzen, Ausgeburten der Bildfeldgeometrie, in die sie wieder zu entschwinden scheinen. Zweifellos handelt es sich um eine konsequente Weiterentwicklung dessen, was in den Jahren zuvor begann, zumal da sich die Malerin von jetzt an buchstäblich durch alle Labyrinthmetaphern hindurchgemalt hat. Ich zähle nur einige Titel auf: Bibliothek, Stadt, Bahnhof, Wald, immer wieder Schach und Kartenspiel. Kein Zweifel, dass alle diese Themen miteinander zusammenhängen und sich ineinander verwandeln.
Die künstlerischen Mittel der Vieira da Silva erlauben eine unbegrenzte Mannigfaltigkeit von Kombinationen und Metamorphosen. Sie sind darin mit ihrer entschiedenen Rationalität dem Schachspiel analog. Es gibt indessen noch einen anderen Zusammenhang, der sich zunächst einmal als überraschende Übereinstimmung von Daten zeigt. Vieira da Silva verließ nach Kriegsausbruch mit ihrem Mann, dem Maler Arpad Szenes, Frankreich. Als staatenloser ungarischer Jude kannte er die Gefahren, die ihm drohten. Die beiden fanden in Brasilien Asyl. Sie trafen 1940 in Rio de Janeiro ein und lebten dort bis 1947. Zwei Monate nach ihrer Ankunft kam Stefan Zweig dort an. Er lebte mit seiner Frau Lotte in der Nähe der Großstadt in Petrópolis, bis beide im Februar 1942 den Tod wählten. Stefan Zweig hatte zuvor noch sein letztes Werk, die Schachnovelle, (22) beendet und das Manuskript in mehreren Exemplaren an verschiedenen Verleger geschickt. Die Novelle erschien zuerst 1942 in portugiesischer Übersetzung in einem Verlag in Rio. Vieira da Silva und ihr Mann kannten einen Kreis von brasilianischen Schriftstellern, und ihr literarisches Interesse war auch später in Paris vielseitig und intensiv. Stefan Zweig war in Brasilien aus verschiedenen Gründen ein sehr angesehener Autor. Und die Malerin kann Gelegenheit gehabt haben, die Schachnovelle in ihrer portugiesischen Muttersprache zu lesen. Möglich, dass sie es getan hat – das Gegenteil wäre fast unwahrscheinlich. 1943 entwirft sie eine Reihe von Zeichnungen zum Thema „Schachpartie“ und malt dann das bekannte Bild. Später folgen weitere Variationen. Mit der bloßen Übereinstimmung von Daten hätte man freilich nur ein biographisches Steinchen an der richtigen Stelle plaziert, doch steckt in dieser Partie noch etwas mehr.
In der Schachnovelle gibt es mehrere einander überlagernde Spielebenen. Die bekannteste ist der Konflikt zwischen dem Dr. B., einem hochgebildeten Intellektuellen, der als sensibel und phantasiebegabt geschildert wird, und dem Schachweltmeister Mirko Czentovic, einer Schachmaschine, die nichts kann als Schach und sonst ein Abgrund an Stumpfsinn und Unwissenheit ist. Mit diesem Gegensatz hat Stefan Zweig die populäre Schachpsychologie nachhaltig geprägt und, wie manche meinen, verseucht. Vor allem aber geht es um die extreme Situation des Dr. B. in der Isolationshaft der Gestapo. Durch vollständigen Entzug jeder Kommunikation, Information, menschlicher Berührung, eingesperrt in ein ödes Hotelzimmer, sollte er zu einer von den Gegnern gewünschten Aussage gepresst werden. Dr. B. war allein mit seinem nach Tätigkeit begierigen Gehirn. Eines Tages gelingt es ihm, aus der Tasche eines Gestapo-Offiziers ein Buch zu stehlen. Ein Buch, aber leider nur eine Sammlung von Schachpartien. Dieses Buch indes erlöst den Gefangenen aus dem ihn umgebenden „Nichts“, der völlig raum- und zeitlosen Leere. Mit dem Erlernen der Notation, der Strategien, dem Nachspielen der Meisterpartien kehrt die Wahrnehmung von Raum und Zeit, das Bewusstsein des Selbst zurück. Er „besaß mit den hundertfünfzig Turnierpartien eine wunderbare Waffe gegen die erdrückende Monotonie des Raumes und der Zeit.“(23) Aber eines Tages war der Fundus erschöpft. Der Gefangene beginnt, neue Partien zu erfinden, im Blindspiel mit sich oder gegen sich selbst. Da sich der Zustand der Isolation nicht geändert hatte, und das Schachspiel nur eine imaginäre – man könnte an dieser Stelle sogar sagen „virtuelle“ – Gegenwelt liefert, eine Fiktion von Raum und Zeit, gerät Dr. B. nun in einen Strudel der endlosen Reflexion: „Bildeten nun Schwarz und Weiß ein und dieselbe Person, so ergäbe sich der widersinnige Zustand, daß ein und dasselbe Gehirn gleichzeitig etwas wissen und doch nicht wissen sollte.“(24)
Dennoch versucht er über seinen eigenen Schatten zu springen. Er berichtet, wie er gezwungen war, diese paradoxen Partien „in einen imaginären Raum zu projizieren“, und in seinem Bewusstsein „die jeweilige Stellung auf den vierundsechzig Feldern deutlich festzuhalten und außerdem nicht nur die momentane Figuration, sondern auch alle möglichen weiteren Züge von beiden Partnern auszukalkulieren“ und zwar „sie doppelt und dreifach zu imaginieren, nein sechsfach, achtfach, zwölffach für jedes meiner Ich, für Schwarz und Weiß immer schon vier oder fünf Züge voraus.“(25)
Das ist die entscheidende Stelle im Text, jetzt versagt schon fast die Beschreibung, und doch ist diese Kaskade von Steigerungen das Zentrum der ganzen Erzählung. Die Multiplikation dieser imaginären Hirnwelten beschleunigt sich immer mehr, bis zur ausweglosen Krise. Stefan Zweig beschreibt und beschwört einen Prozess der absoluten Reflexion. Seine Metaphern evozieren Spiegelwelten, Spiegellabyrinthe, eine Vermehrung der Perspektiven, die sich zu einem alles ergreifenden Raumsog verbinden. Es sieht so aus, als habe er in einem Gedankenexperiment eine Versuchsanordnung aufgebaut, um Extremphasen der Reflexion zu demonstrieren und eine autonome Hirnwelt als endlose labyrinthische Struktur zu entwerfen. Was Dr. B. in seine imaginäre Raum-Zeit projiziert, sind indessen immer Bilder, Reflexionen über Gesehenes, auf dem Schachbrett Erdachtes.
Stefan Zweig beschreibt, was sich im Hirn des Dr. B. ereignet, doch alle Begriffe und anschaulichen Verweise lassen sich auch auf die Kunst der Vieira da Silva beziehen: Der kaleidoskopartige Wirbel, die Reflexion als polyfokale Spiegelung, um einen von Werner Hofmann bevorzugten Begriff zu verwenden, der aber wiederum sowohl für die Imagination des Dr. B. wie für die Werke der Malerin zutrifft. Sie hatte sich schon in den dreißiger Jahren immer wieder mit dem Problem des Raumes herumgeschlagen und fast obsessiv seine Extremwerte zwischen äußerster Enge geschlossener Innenräume und einer nicht minder bedrängenden Unendlichkeit erkundet.
Diese Unendlichkeit des Raumes wird zur polyfokalen Unendlichkeit von Schachfeldern. Man kann sie sogar als das Labyrinth der kombinatorischen Mannigfaltigkeit des Variantendschungels im sich selbst spiegelnden Hirn des Dr. B. sehen. Offensichtlich gibt es da Entsprechungen und Annäherungen, Kreuzungen von Gedankenbahnen – der übrigens schachkundigen – Malerin und Stefan Zweigs Interpretation des Spiels. Eine direkte Berührung, etwa durch Lektüre, wäre allerdings noch zu beweisen.
Die künstlerischen Mittel der Vieira da Silva erlauben eine unbegrenzte Mannigfaltigkeit von Kombinationen und Metamorphosen. Sie sind darin mit ihrer entschiedenen Rationalität dem Schachspiel analog. Es gibt indessen noch einen anderen Zusammenhang, der sich zunächst einmal als überraschende Übereinstimmung von Daten zeigt. Vieira da Silva verließ nach Kriegsausbruch mit ihrem Mann, dem Maler Arpad Szenes, Frankreich. Als staatenloser ungarischer Jude kannte er die Gefahren, die ihm drohten. Die beiden fanden in Brasilien Asyl. Sie trafen 1940 in Rio de Janeiro ein und lebten dort bis 1947. Zwei Monate nach ihrer Ankunft kam Stefan Zweig dort an. Er lebte mit seiner Frau Lotte in der Nähe der Großstadt in Petrópolis, bis beide im Februar 1942 den Tod wählten. Stefan Zweig hatte zuvor noch sein letztes Werk, die Schachnovelle, (22) beendet und das Manuskript in mehreren Exemplaren an verschiedenen Verleger geschickt. Die Novelle erschien zuerst 1942 in portugiesischer Übersetzung in einem Verlag in Rio. Vieira da Silva und ihr Mann kannten einen Kreis von brasilianischen Schriftstellern, und ihr literarisches Interesse war auch später in Paris vielseitig und intensiv. Stefan Zweig war in Brasilien aus verschiedenen Gründen ein sehr angesehener Autor. Und die Malerin kann Gelegenheit gehabt haben, die Schachnovelle in ihrer portugiesischen Muttersprache zu lesen. Möglich, dass sie es getan hat – das Gegenteil wäre fast unwahrscheinlich. 1943 entwirft sie eine Reihe von Zeichnungen zum Thema „Schachpartie“ und malt dann das bekannte Bild. Später folgen weitere Variationen. Mit der bloßen Übereinstimmung von Daten hätte man freilich nur ein biographisches Steinchen an der richtigen Stelle plaziert, doch steckt in dieser Partie noch etwas mehr.
In der Schachnovelle gibt es mehrere einander überlagernde Spielebenen. Die bekannteste ist der Konflikt zwischen dem Dr. B., einem hochgebildeten Intellektuellen, der als sensibel und phantasiebegabt geschildert wird, und dem Schachweltmeister Mirko Czentovic, einer Schachmaschine, die nichts kann als Schach und sonst ein Abgrund an Stumpfsinn und Unwissenheit ist. Mit diesem Gegensatz hat Stefan Zweig die populäre Schachpsychologie nachhaltig geprägt und, wie manche meinen, verseucht. Vor allem aber geht es um die extreme Situation des Dr. B. in der Isolationshaft der Gestapo. Durch vollständigen Entzug jeder Kommunikation, Information, menschlicher Berührung, eingesperrt in ein ödes Hotelzimmer, sollte er zu einer von den Gegnern gewünschten Aussage gepresst werden. Dr. B. war allein mit seinem nach Tätigkeit begierigen Gehirn. Eines Tages gelingt es ihm, aus der Tasche eines Gestapo-Offiziers ein Buch zu stehlen. Ein Buch, aber leider nur eine Sammlung von Schachpartien. Dieses Buch indes erlöst den Gefangenen aus dem ihn umgebenden „Nichts“, der völlig raum- und zeitlosen Leere. Mit dem Erlernen der Notation, der Strategien, dem Nachspielen der Meisterpartien kehrt die Wahrnehmung von Raum und Zeit, das Bewusstsein des Selbst zurück. Er „besaß mit den hundertfünfzig Turnierpartien eine wunderbare Waffe gegen die erdrückende Monotonie des Raumes und der Zeit.“(23) Aber eines Tages war der Fundus erschöpft. Der Gefangene beginnt, neue Partien zu erfinden, im Blindspiel mit sich oder gegen sich selbst. Da sich der Zustand der Isolation nicht geändert hatte, und das Schachspiel nur eine imaginäre – man könnte an dieser Stelle sogar sagen „virtuelle“ – Gegenwelt liefert, eine Fiktion von Raum und Zeit, gerät Dr. B. nun in einen Strudel der endlosen Reflexion: „Bildeten nun Schwarz und Weiß ein und dieselbe Person, so ergäbe sich der widersinnige Zustand, daß ein und dasselbe Gehirn gleichzeitig etwas wissen und doch nicht wissen sollte.“(24)
Dennoch versucht er über seinen eigenen Schatten zu springen. Er berichtet, wie er gezwungen war, diese paradoxen Partien „in einen imaginären Raum zu projizieren“, und in seinem Bewusstsein „die jeweilige Stellung auf den vierundsechzig Feldern deutlich festzuhalten und außerdem nicht nur die momentane Figuration, sondern auch alle möglichen weiteren Züge von beiden Partnern auszukalkulieren“ und zwar „sie doppelt und dreifach zu imaginieren, nein sechsfach, achtfach, zwölffach für jedes meiner Ich, für Schwarz und Weiß immer schon vier oder fünf Züge voraus.“(25)
Das ist die entscheidende Stelle im Text, jetzt versagt schon fast die Beschreibung, und doch ist diese Kaskade von Steigerungen das Zentrum der ganzen Erzählung. Die Multiplikation dieser imaginären Hirnwelten beschleunigt sich immer mehr, bis zur ausweglosen Krise. Stefan Zweig beschreibt und beschwört einen Prozess der absoluten Reflexion. Seine Metaphern evozieren Spiegelwelten, Spiegellabyrinthe, eine Vermehrung der Perspektiven, die sich zu einem alles ergreifenden Raumsog verbinden. Es sieht so aus, als habe er in einem Gedankenexperiment eine Versuchsanordnung aufgebaut, um Extremphasen der Reflexion zu demonstrieren und eine autonome Hirnwelt als endlose labyrinthische Struktur zu entwerfen. Was Dr. B. in seine imaginäre Raum-Zeit projiziert, sind indessen immer Bilder, Reflexionen über Gesehenes, auf dem Schachbrett Erdachtes.
Stefan Zweig beschreibt, was sich im Hirn des Dr. B. ereignet, doch alle Begriffe und anschaulichen Verweise lassen sich auch auf die Kunst der Vieira da Silva beziehen: Der kaleidoskopartige Wirbel, die Reflexion als polyfokale Spiegelung, um einen von Werner Hofmann bevorzugten Begriff zu verwenden, der aber wiederum sowohl für die Imagination des Dr. B. wie für die Werke der Malerin zutrifft. Sie hatte sich schon in den dreißiger Jahren immer wieder mit dem Problem des Raumes herumgeschlagen und fast obsessiv seine Extremwerte zwischen äußerster Enge geschlossener Innenräume und einer nicht minder bedrängenden Unendlichkeit erkundet.
Diese Unendlichkeit des Raumes wird zur polyfokalen Unendlichkeit von Schachfeldern. Man kann sie sogar als das Labyrinth der kombinatorischen Mannigfaltigkeit des Variantendschungels im sich selbst spiegelnden Hirn des Dr. B. sehen. Offensichtlich gibt es da Entsprechungen und Annäherungen, Kreuzungen von Gedankenbahnen – der übrigens schachkundigen – Malerin und Stefan Zweigs Interpretation des Spiels. Eine direkte Berührung, etwa durch Lektüre, wäre allerdings noch zu beweisen.
Vieira da Silva galt als ungewöhnlich belesen. Sie bestätigte die Nähe ihrer Malerei zur Literatur mit ihren Bildtiteln. Das sahen ihre Freunde wahrscheinlich auch so. Einer von ihnen war Michel Butor, der ihr ein kleines Buch mit dem Untertitel Itinéraire gewidmet hat, (26) ein raumfüllender Text voller Erinnerungen, Kombinationen und Verwandlungen des Gesehenen in Gedachtes und Geschriebenes. Butor stellt sich die Bewohner der Bildräume vor, ihre Geschichte, ihre Wahrnehmungen. Er selbst ist als Wanderer in den Labyrinthen der Stellvertreter dieser imaginären Bewohner und erinnert sich an alles, was ihm dort hätte widerfahren können. Er wählt Stichworte, die aus Gruppen von Bildtiteln destilliert sind: 1. Bibliotheken, 2. Spiele, 3. Ateliers, 4. Städte, 5. Bahnhöfe, 6. Häfen, 7. Brücken, 8. Flüsse, 9. Gärten, 10. Jahreszeiten, 11. Stunden/Zeitmaße, 12. Stimmen. Die Zwölfzahl stellt eine gewisse Symmetrie her, aber es ist die Symmetrie von zwölf ineinandergeschachtelten Labyrinthen, deren jedes sowohl als unendliche Multiplikation wie als unendliche Teilbarkeit zu verstehen ist, natürlich unter den spezifischen Bedingungen, die der Leitbegriff bezeichnet. Dass Bibliotheken Welten sind, die wiederum aus Labyrinthen zusammengesetzt sind, ist evident, und Butor dachte gewiss auch an Borges. Bahnhöfe sind Knotenpunkte in einem weltumspannenden Netzwerk und Häfen ihr nautisches Äquivalent. Wie Brücken und Flüsse sich aufeinander beziehen und wie Gärten auch dann Irrgärten sein können, wenn sie ganz außerhalb der Regeln labyrinthischer Geometrie gewachsen sind, dies alles bildet Butor in einem anspielungsreichen und den Gemälden der Vieira da Silva kongenialen schillernden Gewebe ab.
Vexierende Bilder assoziiert er auch bei dem Abschnitt über die Spiele. Vom Schachspiel mit dem Soldaten, der sich verwandeln wird, wenn er die Grenze erreicht, springt er zum Buben im Kartenspiel; die Spieler belauern hinter Fächern die Stiche auf dem Spieltisch, während ein Springer sich in die Eröffnung stürzt, der Ball das Netz berührt und unvermittelt eine verführerische Päpstin sich aus dem Tarock in diesen Text flüchtet, und das Mühlespiel auf einem Billardtisch stattfindet. Das Spiel setzt sich fort an den Börsen, es geht um Transaktionen und Bilanzen. Das Schachbrett wird zum Fliesenbelag, verwandelt sich in ein Boule- und Krokett-Terrain, und die rote Königin packt Alices Handgelenk, um sie in den Boliden zu ziehen, womit Butor wahrscheinlich auf den berühmten Satz der Königin anspielt: „Hierzulande mußt du so schnell rennen, wie du kannst, wenn du am gleichen Fleck bleiben willst.“ (27) Mit dem schnellen Boliden aber erreicht Butors Text immerhin den Palast der Täuschungen und die Läden der Seherinnen, nachdem er die Kurvaturen der Perspektiven der Vieira da Silva in eine Achterbahn aus Wortspielen verwandelt hat.
Mit dem Auftritt von Alice hat Butor die Schachlabyrinthe der Moderne an den Anfang ihrer Geschichte zurückgespult. Denn sie war die erste, der es gelang, hinter den Spiegeln den Ursprung des Absurden in den Abenteuern der Logik zu entdecken.
(c) Hans Holländer 2016
(Abdruck NUR mit Genehmigung des Autors )
Vexierende Bilder assoziiert er auch bei dem Abschnitt über die Spiele. Vom Schachspiel mit dem Soldaten, der sich verwandeln wird, wenn er die Grenze erreicht, springt er zum Buben im Kartenspiel; die Spieler belauern hinter Fächern die Stiche auf dem Spieltisch, während ein Springer sich in die Eröffnung stürzt, der Ball das Netz berührt und unvermittelt eine verführerische Päpstin sich aus dem Tarock in diesen Text flüchtet, und das Mühlespiel auf einem Billardtisch stattfindet. Das Spiel setzt sich fort an den Börsen, es geht um Transaktionen und Bilanzen. Das Schachbrett wird zum Fliesenbelag, verwandelt sich in ein Boule- und Krokett-Terrain, und die rote Königin packt Alices Handgelenk, um sie in den Boliden zu ziehen, womit Butor wahrscheinlich auf den berühmten Satz der Königin anspielt: „Hierzulande mußt du so schnell rennen, wie du kannst, wenn du am gleichen Fleck bleiben willst.“ (27) Mit dem schnellen Boliden aber erreicht Butors Text immerhin den Palast der Täuschungen und die Läden der Seherinnen, nachdem er die Kurvaturen der Perspektiven der Vieira da Silva in eine Achterbahn aus Wortspielen verwandelt hat.
Mit dem Auftritt von Alice hat Butor die Schachlabyrinthe der Moderne an den Anfang ihrer Geschichte zurückgespult. Denn sie war die erste, der es gelang, hinter den Spiegeln den Ursprung des Absurden in den Abenteuern der Logik zu entdecken.
(c) Hans Holländer 2016
(Abdruck NUR mit Genehmigung des Autors )
Anmerkungen
)
1) Zum Labyrinthbegriff: Ulrich Ernst, Labyrinthe aus Lettern. Visuelle Poesie als Konstante europäischer Literatur, in: Wolfgang Harms (Hg.), Text und Bild, Bild und Text, DFG-Symposion 1988, Stuttgart 1990, S. 197-215; Umberto Eco, Im Labyrinth der Vernunft. Texte über Kunst und Zeichen, Leipzig 1990, S. 104-112; William Poundstone, Im Labyrinth des Denkens, Reinbek bei Hamburg 1992, S. 247-289; Jacques Attali, Wege durch das Labyrinth, Hamburg 1999; Hans Richard Brittnacher/ Rolf-Peter Janz, Labyrinth und Spiel, Umdeutungen eines Mythos, Göttingen 2007.
2) Dazu: Hans Holländer, Minotaurus im kinetischen Labyrinth, Über Schach und Kunst anlässlich der Schachfiguren von Paul Wunderlich, Offenbach am Main 1989.
3) Marcel Duchamp, Le Roi et la Reine entourés de Nus vites, 1912, Öl auf Leinwand, 147x89,2 cm, Philadelphia Museum of Art.
4) Marcel Duchamp, Nu descendant un Escalier, 1912, Öl auf Leinwand, 114,6x128,9 cm, Philadelphia Museum of Art.
5) Zu Josef Hartwigs Schachspielen vgl. Anne Bobzin und Klaus Weber, Das Bauhaus-Schachspiel von Josef Hartwig, Bauhaus Archiv Berlin 2006.
6)Vgl. Larry List (Hg.), The Imagery of Chess Revisited, New York 2005. Zu den Schachspielen von Marcel Duchamp, Max Ernst, Man Ray, Josef Hartwig, Yves Tanguy, Alexander Calder und anderen vor allem S. 22-76.
7) Hans Holländer, Mario Persico, Kombinatorische Künste, Stuttgart 1965; Ausstellungskatalog Mario Persico, Schwäbisch Hall 1970.
8) Holländer 1965 (Fn. 7), Abb. 2.
9) Fernando Arrabal, Hohe Türme trifft der Blitz (La torre herida por el rayo, 1983), Köln 1986.
10) Holländer 1965 (Fn. 7), Abb. 18.
11) Holländer 1965 (Fn. 7), Abb. 20.
12) Holländer 1965 (Fn. 8), Abb. 22.
13) Faltblatt zur Ausstellung Mario Persico, Centro internazionale di arti visive, Mailand 1971.
14 Zu Samuel BAK: Rolf Kallenbach, BAK, Wiesbaden und München 1977; Samuel BAK, Ausst.-Kat. Bad Frankenhausen 1998.
15) Kallenbach 1977 (Fn. 14), Abb. 41: Öl, 24x33 cm.
16) Lawrence L. Langer, The Game continues. Chess in the Art of Samuel BAK, Boston 1999.
17) Jorge Luis Borges, Borges und ich, Gedichte und Prosa (El hacedor), spanisch und deutsch, aus dem Spanischen von Karl August Horst, München 1963, S. 54-57.
18) Friedrich Dürrenmatt, Labyrinth Turmbau, Stoffe I-IX, Zürich 1998, S. 102.
19) Dürrenmatt (Fn. 17), S. 107.
20) So etwa bei Kallenbach (Fn. 14), Abb. 49: Gruppenporträt, 1973, Kreide, 65x50 cm.
21) Gisela Rosenthal, Vieira da Silva, Köln 2005, S. 34: Die Schachpartie, 1943, Öl und Bleistift auf Leinwand, 81x100 cm, Paris, Musée National d’Art Moderne, Centre Georges Pompidou.
22) Stefan Zweig, Schachnovelle, Zitate nach der Ausgabe Frankfurt a.M. 1986. Dazu: Susanna Poldauf und Andreas Saremba, 65 Jahre Schachnovelle, Marginalia, Randbemerkungen zur Geschichte und Kultur des Schachspiels Band 1. Berlin 2007. Darin: Hans Holländer, Reflexionen. Ein Text und seine Bilder, S. 29-39.
23) Zweig (Fn. 22), S. 64.
24) Zweig (Fn. 22), S. 67.
25) Zweig (Fn. 22), S. 69.
26) Michel Butor, Viera da Silva, Peintures. Itinéraires, Paris 1983.
27) Lewis Caroll, Alice hinter den Spiegeln, Übersetzung von Christian Enzensberger, Frankfurt a.M. 1974, S. 39
Abbildungen
1) Zum Labyrinthbegriff: Ulrich Ernst, Labyrinthe aus Lettern. Visuelle Poesie als Konstante europäischer Literatur, in: Wolfgang Harms (Hg.), Text und Bild, Bild und Text, DFG-Symposion 1988, Stuttgart 1990, S. 197-215; Umberto Eco, Im Labyrinth der Vernunft. Texte über Kunst und Zeichen, Leipzig 1990, S. 104-112; William Poundstone, Im Labyrinth des Denkens, Reinbek bei Hamburg 1992, S. 247-289; Jacques Attali, Wege durch das Labyrinth, Hamburg 1999; Hans Richard Brittnacher/ Rolf-Peter Janz, Labyrinth und Spiel, Umdeutungen eines Mythos, Göttingen 2007.
2) Dazu: Hans Holländer, Minotaurus im kinetischen Labyrinth, Über Schach und Kunst anlässlich der Schachfiguren von Paul Wunderlich, Offenbach am Main 1989.
3) Marcel Duchamp, Le Roi et la Reine entourés de Nus vites, 1912, Öl auf Leinwand, 147x89,2 cm, Philadelphia Museum of Art.
4) Marcel Duchamp, Nu descendant un Escalier, 1912, Öl auf Leinwand, 114,6x128,9 cm, Philadelphia Museum of Art.
5) Zu Josef Hartwigs Schachspielen vgl. Anne Bobzin und Klaus Weber, Das Bauhaus-Schachspiel von Josef Hartwig, Bauhaus Archiv Berlin 2006.
6)Vgl. Larry List (Hg.), The Imagery of Chess Revisited, New York 2005. Zu den Schachspielen von Marcel Duchamp, Max Ernst, Man Ray, Josef Hartwig, Yves Tanguy, Alexander Calder und anderen vor allem S. 22-76.
7) Hans Holländer, Mario Persico, Kombinatorische Künste, Stuttgart 1965; Ausstellungskatalog Mario Persico, Schwäbisch Hall 1970.
8) Holländer 1965 (Fn. 7), Abb. 2.
9) Fernando Arrabal, Hohe Türme trifft der Blitz (La torre herida por el rayo, 1983), Köln 1986.
10) Holländer 1965 (Fn. 7), Abb. 18.
11) Holländer 1965 (Fn. 7), Abb. 20.
12) Holländer 1965 (Fn. 8), Abb. 22.
13) Faltblatt zur Ausstellung Mario Persico, Centro internazionale di arti visive, Mailand 1971.
14 Zu Samuel BAK: Rolf Kallenbach, BAK, Wiesbaden und München 1977; Samuel BAK, Ausst.-Kat. Bad Frankenhausen 1998.
15) Kallenbach 1977 (Fn. 14), Abb. 41: Öl, 24x33 cm.
16) Lawrence L. Langer, The Game continues. Chess in the Art of Samuel BAK, Boston 1999.
17) Jorge Luis Borges, Borges und ich, Gedichte und Prosa (El hacedor), spanisch und deutsch, aus dem Spanischen von Karl August Horst, München 1963, S. 54-57.
18) Friedrich Dürrenmatt, Labyrinth Turmbau, Stoffe I-IX, Zürich 1998, S. 102.
19) Dürrenmatt (Fn. 17), S. 107.
20) So etwa bei Kallenbach (Fn. 14), Abb. 49: Gruppenporträt, 1973, Kreide, 65x50 cm.
21) Gisela Rosenthal, Vieira da Silva, Köln 2005, S. 34: Die Schachpartie, 1943, Öl und Bleistift auf Leinwand, 81x100 cm, Paris, Musée National d’Art Moderne, Centre Georges Pompidou.
22) Stefan Zweig, Schachnovelle, Zitate nach der Ausgabe Frankfurt a.M. 1986. Dazu: Susanna Poldauf und Andreas Saremba, 65 Jahre Schachnovelle, Marginalia, Randbemerkungen zur Geschichte und Kultur des Schachspiels Band 1. Berlin 2007. Darin: Hans Holländer, Reflexionen. Ein Text und seine Bilder, S. 29-39.
23) Zweig (Fn. 22), S. 64.
24) Zweig (Fn. 22), S. 67.
25) Zweig (Fn. 22), S. 69.
26) Michel Butor, Viera da Silva, Peintures. Itinéraires, Paris 1983.
27) Lewis Caroll, Alice hinter den Spiegeln, Übersetzung von Christian Enzensberger, Frankfurt a.M. 1974, S. 39
Abbildungen
- Paul Wunderlich , Schachspiel
- Marcel Duchamp, König und Königin, durchquert von schnellen Akten, 1912 (Fn. 2)
- Josef Hartwig, Bauhaus-Schach, 1920
- Josef Hartwig, Bauhaus-Schach, 1920
- Mario Persico, Ubu Roi, um 1960, Zeichnung
- Mario Persico, Gambetto Blackman, 1965, Zeichnung
- Mario Persico, Gambetto Blackman 2 (Altare ludico), 1965, Zeichnung
- Mario Persico, Gambetto Blackman 3, 1965, Zeichnung
- Mario Persico, Gambetto Blackman 4 (Tabernacolo d' Interrogazione), 1968, Zeichnung
- Samuel BAK, Geheime Ausgrabung, 1973, Öl auf Leinwand, 24 x 33 cm
- Samuel BAK, The Game continues (Underground II), 1990/97, Öl auf Leinwand, 86,5 x 127,5 cm, Pucker Gallery Boston
- Maria Helena Vieira da Silva, Die Schachpartie, 1943, Öl und Bleistift auf Leinwand, 81 x 100 cm, Paris, Musée national d' art moderne
- Maria Helena Vieira da Silva, Die Bibliothek
- Maria Helena Vieira da Silva, Desaster Krieg
- Maria Helena Vieira da Silva, Brennende Bibliothek